Sonntag, 30. Dezember 2012

Vivaldi im Schlosshotel Grunewald: Äußerst gediegener tiefer Westen



Das Schlosshotel Grundwald liegt dort, wo man als „Mitte-Mensch“ nicht so häufig hinkommt: Tief im Südwesten und somit jenseits der üblichen Business- und Touristenpfade. Das macht das Leben für das 5-Sterne-Haus nicht leicht. Wer es allerdings sehr gediegen und edel mag und gleichzeitig auf den jüngsten Designhype verzichten kann, wird sich wohl fühlen. Außerdem sollte Geld fürs Taxi vorhanden sein, denn die Anbindung mit Öffis ist für Berliner Verhältnisse eher mau.
Die Prinzessin und ich haben uns für den Besuch im Vivaldi, dem Edel-Restaurant im Hotel, Verstärkung geholt, so dass das Testteam um eine Bankerin und einem Axel-Springer-Business-Controller (passt zum Morgenpost-Menü) ergänzt war. So nahmen wir an einem sehr großen runden Tisch Platz, der sich einen sehr großen Raum mit nur wenigen anderen Tischen teilte. Ein wenig Hintergrundmusik hätte der Saalatmosphäre gut getan, dann hätten wir uns in Gesprächs- und Essenspausen nicht so verloren gefühlt. Der erste Höhepunkt für die Prinzessin und die Bankerin folgte, nachdem wir uns mit Unterstützung des Stühle heranrückenden Personals gesetzt hatten: Es wurden kleine Höckerchen gebracht, damit die Unterseiten der Handtaschen nicht vom Edelteppich verschmutzt werden.  

Als Aperitif haben wir uns einen leckeren Rieslingsekt gegönnt (10 Euro). Die Prinzessin hat ihn mit einem Spritzer-Holundersirup getrunken. Das Tückische daran ist, dass der die Farbe von Sekt hat, weshalb das süße Gemisch bei mir landete. Da hatte der Service zum ersten Mal geschlafen. Das zweite kurze Nickerchen folgte beim Gruß aus der Küche – einer gebratenen Jacobsmuschel auf einer größeren Menge Soße. Geschmacklich ein Volltreffer war es recht schwierig, die Soße mit der Gabel aus der Schüssel zu bekommen. Dann ging das eigentliche Menü los und das war geschmacklich alles erste Klasse. Die Teller mit den Speisen sahen wunderschön aus, wenn die Portionen auch eher übersichtlich waren. Mit Brot und Butter (mit und ohne Kräuter) konnte man aber den schlimmsten Hunger gut stillen. Der Stil passt zum Haus und zum Ambiente: Erstklassig, aber keine hochmodernen Kreationen, sondern eher konservativ ausgerichtet. Trotzdem kam keine Langeweile auf. Jeder Gang war für sich ein Genuss.

Die Zutaten des Menüs kamen überwiegend aus der Region: Confit und Leber von der Brandenburger Ente als erste Vorspeise gefolgt von Schinkenröllchen  vom omnipräsenten Havelländer Apfelschwein, die in einem Selleriesüppchen mit Petersilienkranz gereicht wurden. Es schloss sich Stör an (der Fisch, nicht seine Eier), der von Teltower Rübchen begleitet wurde und im Hauptgang kam Müritzlamm auf den großen Tisch. Die Weine, aus verschiedenen europäischen Ländern passten gut. Da stört es nicht so, dass der Franzose auf der Karte nur phonetisch halbwegs korrekt als Longuedoc  auftaucht. Entscheidend ist, was im Glas ist. Das hätte sich der Service auch beim Mineralwasser zu Herzen nehmen sollen. Für die sanften Damen hatten wir ein stilles Wasser geordert. Wir Jungs hatten mit Kohlensäure. Beim dritten Wegnicken des Services bekamen wir das Damenwässerchen. Manchmal wurde aber auch gar nichts nachgeschenkt. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Bis auf diese Pannen arbeite der Service richtig gut und war wirklich nett. Der Nachtisch rundete das tolle Essen ab, ein Küchlein wurde von Vanillekipferleis und einem Portwein begleitet. 

Wir haben den Abend dann in der Bar ausklingen lassen. Dort ist es urgemütlich mit Kaminfeuer, dunklem Holz und braunem Leder. Es darf geraucht werden, edle Zigarren stehen bereit. Ich habe einen Grappa genossen. 2 cl für 7,50 Euro waren ein guter Preis, zumal sehr gut eingeschenkt war. 

FAZIT: In gediegenerem Ambiente kann man in Berlin kaum speisen. Besonders angesprochen wird ein älteres und eher konservatives Publikum, das gut und ohne Experimente essen möchte.

Im Internet unter http://www.schlosshotelberlin.com/de/luxus-restaurant-berlin/ 

Sonntag, 16. Dezember 2012

Boccacelli: Pizzeria? Si! Ristorante? No.

Der Italiener am Winterfeldtplatz behauptet auf seiner Visitenkarte, dass er mit dem Gastronomie-Award (welcher?) zum „besten Italiener Berlins“ ausgezeichnet sei. Die Karte habe ich aber erst beim Bezahlen erhalten. Deshalb wurden auch keine überzogenen Erwartungen enttäuscht.  Im Boccacelli ist man richtig aufgehoben, wenn man eine gehobene Pizzeria sucht, in der es nicht nur schmeckt, sondern in der man auch satt wird. Zur Begrüßung gibt es Oliven (Achtung, scharf!) und frisches Brot. Als Vorspeise hatte ich gegrilltes Gemüse bestellt. Die kleine Portion für 7 Euro erwies sich ausreichend für mindestens zwei. Sie schmeckte wie gegrilltes Gemüse so schmeckt.
Die Pizza hat die Größe eines Wagenrads. Meine war jedoch geklappt. Woanders heißt das „Calzone“, dort „Pavarotti“. Und sie hat geschmeckt. Die zehn Euro waren absolut angemessen. Meine beiden Begleiter wollten keine profane Pizza, sondern haben sich Risotto und Nudeln gegönnt. Die Nudeln mit Steinpilzen und Trüffel standen auf der Abendkarte (18,50 Euro) und waren mit einer dicken Scheibe Parmesan unterlegt. Sie riefen das Entzücken ihres Essers hervor. Die ganz große Show gab es beim Risotto. In einem ausgehöhlten Parmesanlaib hat unser extrem redseliger, aber aufmerksamer Kellner mit viel Liebe Späne abgehobelt. Darin wurde dann das Risotto flambiert und anschließend am Tisch mit Trüffel überhobelt. Schon das Zugucken wäre 18,50 Euro wert gewesen. Leider kam der Trüffelgeschmack nicht nur aus den Trüffeln, sondern aus einer Sauce, die ordentlich mit vermutlich trüffelfreiem Trüffelöl gepimpt war. Also lieber Pizza statt Trüffel essen.
Der Liter Wasser steht mit 6 Euro auf der Karte, und für den Hauswein zahlt man 7,50 Euro für einen halben Liter. Der schmeckt, wie Hauswein schmecken muss, weshalb der Preis sehr in Ordnung ist. Beim nächsten Mal werde ich aber wohl Bier trinken, damit ich öfter die Toilette aufsuchen kann. Das Männerurinal ist nämlich etwas ganz besonderes: Man kennt ja die Fliegen, die auf die Keramik gezeichnet sind oder das Tor, in das mittels Wasserdruck ein kleiner Ball befördert werden muss (Für die Mädels http://www.reinigungsberater.de/pissgoal_fussballtor_urinalsieb,p-PISSGOAL.html).  Im Boaccacelli findet sich hingegen eine schwarze Weinflasche. Und wenn man sie anwärmt, kommt das Etikett zum Vorschein. Ein großer Spielspaß!
Zurück zum Tisch: In den gemütlichen Räumlichkeiten mit viel Holz und zahlreichen Weinflaschen als Deko kann man durchaus versacken. Entschließt man sich dann doch zu gehen, gibt es einen guten Grappa aufs Haus. Da komme ich gerne wieder.
Fazit: Eine Pizzeria wie sie im Buche steht mit fairen Preisen und einem sehr gemütlichen Ambiente. Aber nicht der beste Italiener der Stadt.
Im Internet unter www.boccacelli.com

Montag, 26. November 2012

Brasserie Desbrosses: Die Gallier im US-Reich



Die Brasserie Desbrosses ist das Restaurant des Ritz Carlton Hotels am Potsdamer Platz. Und Ritz Carlton kommt aus Amerika – das merkt man frühestens, wenn man auf den farbigen Doorman trifft, und spätestens, wenn man die Lobby betritt, denn hier ist alles pompös-überladen. Die Prinzessin findet das gar nicht so schlecht, denn seit sie mal mit Papas Kreditkarte eine Reise in das Land der (damit tatsächlich) unbegrenzten Möglichkeiten gemacht hat, ist sie Fan. Papas Kreditkarte kann man übrigens auch im Curtain Club gebrauchen, der Bar des Hotels. Dort habe ich für einen Gin Tonic (Bombay Saphire) mal 18 Euro bezahlt. Doch nicht das ganze Ritz Carlton ist eine Bastion des guten US-Geschmacks. Wenn man den Curtain Club rechts liegen lässt, kommt man in die Brasserie Desbrosses. Die ist sehr klassisch französisch, denn das Interieur wurde in einer echten Brasserie ab- und dann in Berlin wieder aufgebaut. Das ist zwar auch ein bisschen Disney, aber gut gelungen. Dafür gibt es ein Optik-Sternchen.

Wir haben mal wieder das Morgenpostmenü zum Anlass genommen, um die Küche zu testen und uns Verstärkung durch einen befreundeten Rechtsanwalt aus Franken geholt. Dem fiel gleich auf, dass die Weinkarte frankenweinfrei ist.  Später fiel ihm auf, dass er beim Einschenken der Weine immer am wenigsten bekam. Könnte ein Touristenmalus sein, denn die Herkunft ist nicht überhörbar. Davon abgesehen war der Service aber freundlich und bemüht, wenn auch nicht 100 % perfekt. Eine Brasserie ist eben kein Restaurant. Wörtlich genommen handelt es sich um eine Brauerei.  Brauhausatmosphäre kam aber nur zweimal auf, als eine größere Geburtstagsgesellschaft zweimal lautstark ein Ständchen für den Jubilar gesungen hat.

Ich ertappe mich, dass ich viel schreibe, aber wenig zum Essen. Das liegt auch am Essen selbst. Das hat wirklich gut geschmeckt, aber war kein kulinarischer Höhenflug, der sich bis in alle Ewigkeit in die Synapsen einbrennt. Zu Beginn gab es eine Jakobsmuschel mit Kürbis, Steinpilzen und wilden Kräutern, wozu ein Schaumwein aus Rheinhessen gereicht wurde. Geschmacklich sehr gelungen mit gut gebratenen Muscheln. Allerdings wurde dieser Gang exakt 30 Sekunden nach dem Aperitif serviert – und musste deshalb noch einmal in die Küche zurück. Es folgte ein Schwarzwurzel Cappucino, wohinter sich eine Cremesuppe verbirgt, die mit einem Schaumdach versehen war. Das war eine ordentliche Portion und geschmeckt hat es auch. Den begleitenden Weißwein aus der Pfalz genau wie der  vom selben Weingut stammende Rote zum Hauptgericht konnte man trinken. Er steht mit 42 Euro in der Weinkarte. Am Potsdamer Platz im Ritz Carlton kostet Wein halt so viel. Im dritten Gang steigerte sich die Küche, Ostsee Dorsch mit Kapern-Senf-Kruste und Schmorgurken. Mittlerweile waren wir auch schon wieder reichlich hungrig, denn es vergingen 45 Minuten, bis der Fisch den Weg aus der Küche an unseren Tisch gefunden hatte. Die Wartezeit wurde aber durch einen Refill des Grünen Silvaners erträglich gemacht. Das Hauptgericht, Scheiben vom Brandenburger Hirschrücken mit Rosenkohl und Semmelknödeln war sehr gut. Die Preiselbeermarmelade, die dekorativ als dicker Block mit auf dem Teller lag, wäre als eigenständiges Dessert durchgegangen. Die Prinzessin war begeistert. Das Dessert, ein pochierte Birne mit Nougatparfait war ebenfalls sehr ok, mehr aber auch nicht.

Und sonst: Das Wasser stand mit 10 Euro für einen Liter auf der Karte. Ich war vor längerer Zeit mal mittags in der Brasserie und bin mir sicher, damals deutlich mehr bezahlt zu haben. Eine vernünftige Entscheidung, den Preis auf ein akzeptables Niveau zu bringen. 

Fazit: Insgesamt ein stimmiges Brasserie-Konzept, aber bei Hauptgerichtspreisen um die 30 Euro kann man auch in ein gutes Restaurant gehen. Das liegt dann aber nicht unmittelbar am Potsdamer Platz. 

Im Internet unter http://www.desbrosses.de/de/

Samstag, 10. November 2012

Schlachtfest im „Deux ou trois choses“



Wir haben ja fast vergessen, dass so ein Schwein nicht nur aus Schnitzel und Filet besteht, sondern unterm Borstenkleid noch einiges andere zu bieten hat. Und bis auf diese äußere Hülle kam in einem Fünf-Gang-Menü auch einiges auf den Tisch des Kreuzberger Restaurants, wo die Prinzessin und ich vor gar nicht langer Zeit waren – und wir gehen nicht zweimal irgendwo hin, wenn es nicht gut ist. Zur Erinnerung und für alle Neuleser: Das „Deux ou trois choses“ hat sich der deftigen Küche der Stadt Lyon verschrieben. Macher ist der Inhaber des „Schlesisch blau“ und beide Restaurants liegen an der Köpenicker Str. 

Diesmal stand jedoch ein Externer am Herd. Wolfgang Müller. Der hat nicht nur Koch, sondern auch Metzger gelernt, hatte sich mal einen Stern erkocht (Bühler Höhe in B-W), war aber auch schon in Berlin tätig, z.B. im Horvath. Also der Mann versteht was vom Kochen und von Schweinen. Und so war auch das Essen. 59 Euro waren dafür fällig, und die passenden Weine – offiziell sechs Gläser – wurden mit 26 Euro berechnet. 

Nach zwei (!) Gläschen guten Elbling Sekt von der Mosel stand am Anfang die Metzelsuppe. Die entsteht, wenn man Innereien auskocht und dann darin die Würste gart. Kombiniert wurde das Ganze mit einem Grieben-Schmalz-Brot. Der größte Hunger war danach verflogen. Es folgte eine Kartoffelpizza mit Blutwurst. Ein Produkt, um das ich normalerweise einen Bogen mache. Diesmal war ich begeistert. Das setzte sich fort beim nächsten Gang, wo niedertemperaturgeschmorter Schweinebauch mit Jakobsmuschel und Sauce Hollandaise kombiniert wurde, und ließ auch nicht nach bei der getrüffelten Leberwurst, die fantastisch schmeckte, wenn auch nicht unbedingt nach Trüffel. Die Weine von Nahe, Kaiserstuhl und Mosel passten gut und hätten auch ohne Essen geschmeckt. 

Der Hauptgang nannte sich „Schlachterplatte 2012“. Auf ihr fand sich der gebackene Knödel aus Ohr, Schwanz und Fuß, den ich interessant fand und der der Prinzessin nicht so recht schmeckte, ein Stück Schweinefilet im Wirsingmantel (Filet – wie langweilig) und ein gepökeltes Bäckchen. Dazu ein Spätburgunder, der gegen die Weißen vorher deutlich abfiel. Die Grundlage war zu gut, als dass wir uns schon in einem Zustand befunden hätten, wo wir nichts mehr geschmeckt hätten.
Das Dessert war nur noch verbal-fleischig: Blutsuppe (Campari-Orange) und Schweineohren (Blätterteig) waren nicht der Rede wert. Die dazu gereichte Chilisauce passte so gut, wie der Leser sich das gerade im Moment der Lektüre vorstellt.
Abgerundet wurde das ganze wie schon beim letzten Mal durch einen sehr netten Service, ein Kaminfeuer, einen gigantischen Kürbis als Blickfang und die lockere Holztischatmosphäre, die man auch an Abenden erlebt, wenn nicht das ganze Schwein dran glauben muss.

Fazit: Ein tolles kulinarisches Erlebnis für experimentierfreudige Fleischfreunde, das viel Spaß und satt gemacht hat.

Im Netz zu finden unter http://de-de.facebook.com/2ou3choses

Sonntag, 21. Oktober 2012

„Das Restaurant“ – Großes Kino im großen Saal



Ein weiteres Mal haben wir weiten Weg in die City West auf uns genommen. Und der Weg war nicht zu weit. Er führte uns in „Das Restaurant“ (nicht zu verwechseln mit „Das Lokal“ in Mitte). So ganz klar ist das mit dem Namen nicht. Es taucht dazu auch der Name des Inhabers und der Name seines Caterings auf (Markus Semmler – „Kochkunst & Ereignisse“). Semmler ist kein Unbekannter in der Berliner Gastroszene. Er hat schon im Schlosshotel im Grunewald und im Cecilienhof in Potsdam gekocht – und versteht sein Handwerk. 

Wenn man das Restaurant betritt, ist man erst einmal von der Größe des Gastraums beeindruckt. Zweifel kommen auf, ob man für so viele Tische einen vernünftigen Service und gutes Essen zustande bringen kann – die Antwort ist: man kann. Und wenn man erst einmal Platz genommen hat im schicken, aber gemütlichen Ambiente, kommt es vor, als ob alles viel kleiner und übersichtlicher ist. Das hängt auch mit dem etwas gesetzteren Westberliner Publikum zusammen, das nicht rumkrakelt, sondern sich ruhig den kulinarischen Genüssen hingibt.

Und wie sahen diese aus? Es ging los mit Gänseleberpastete auf Baumkuchen mit gesalzenem Apfel; es folgte ein Linseneintopf mit Linsenmousse-Einlage, ein Stück Zander auf einem Wirsingblatt mit Flusskrebsen und ein Stück vom Fläminger Rehrücken mit Kirschen. Das schmeckte alles fantastisch gut - und der Nachtisch spielt in derselben Liga, Himbeercreme kombiniert mit Schokolade und kleine Bonbons mit Berliner Weiße Geschmack. Dazu wurden wunderbar passende Weine gereicht von deutschen Weingütern, deren Namen man schon mal gehört hat wie Dr. Loosen oder Wegeler. Ganz großes Kino war das. Im Rahmen des Morgenpostmenüs kam das alles für 60 Euro auf den Tisch und ins Glas. Das ist unschlagbar günstig. Normalerweise schlagen 4 Gänge ohne Weinbegleitung mit angemessenen 70 Euro zu Buche. 

Schön und ehrlich ist, dass die Getränke nicht so kalkuliert sind, dass die vermeintlich billigen Speisen auf diesem Wege auf ein normales Preisniveau gebracht werden. Das Wasser kostet 7,50 Euro, der Espresso zwei Euro und ein wirklich anständiger Grappa steht mit 7 Euro auf der Rechnung. Die Weinkarte bietet viel Auswahl in/ab der 30 Euro-Klasse.  Eine kurze Anregung muss allerdings erlaubt sein: Als Aperitif gab es Champagner oder Prosecco. Hier fehlte passend zu den deutschen Weinen ein deutscher Winzersekt als Alternative.

Der Service ist freundlich und professionell und arbeitet annährend fehlerfrei: Man hätte meckern können, das das Wasser nicht wie bestellt still war, sondern ein wenig Kohlensäure hatte, und einmal kam der Wein nach dem Essen auf den Tisch, was aber beim Servieren des Essens sofort bemerkt und korrigiert wurde. Um es klar zu sagen: Das schmälert den positiven Gesamteindruck nicht. Erwähnenswert sind auch die frischen Brötchen, die wahlweise natur, mit Kräutern oder mit Peperoni serviert wurden. Auf dem Tisch stand ein tolles Olivenöl, außerdem gab es Butter und einen Kräuteraufstrich.  Auch hieran zeigt sich, dass Semmler ein toller Gastgeber ist. Allerdings immer nur von Montag bis Freitag. Am Wochenende ist zu. 

Fazit: Richtig gutes Essen in der gehobenen Preisklasse zu fairen Preisen. Ideal fürs Geschäftsessen oder den netten Abend zu zweit, wenn man deutlich „Ü30“ ist.
Im Internet unter www.kochkunst-ereignisse.de

Sonntag, 14. Oktober 2012

Cana – libanesische Selbstüberschätzung an der Fischerinsel




Wer im Haus der deutschen Wirtschaft in der Breite Straße zu hat, also zu BDI, BDA oder DIHK will und über Nacht in Berlin bleibt, wählt gerne eines der Hotels an der U-Bahn-Station Märkisches Museum. Da gibt es ein Art’otel, das Wall Street Plaza und die beiden Derag Hotels Großer Kurfürst und Henriette. Die Derag-Hotels sind, so sagt man immer wieder, gute Mittelklasse. Beide verfügen über ein Restaurant. Das ist der erste Teil des Tests der Beiden:

 Wir haben vor einigen Tagen das neu eröffnete Cana im Kurfürsten besucht, das nicht ohne Selbstbewusstsein seine eigenen Speisen im Superlativ als „feinste orientalische“ anpreist. Wenn sich über Geschmack streite ließe, würde ich dagegen heftig protestieren. Den Besuchern des Lobbyistenhauses sei angeraten, sich besser dort mit dem WISAG-Catering zu verpflegen. Das Cana bietet sich allenfalls für ein Glas unterschätzten libanesischen Rotwein (Château Ksara) an, den man allerdings in jedem libanesischen Restaurant bekommt. Zum Essen geht man besser woanders hin. Mein Libanon-Favorit ist übrigens das Mesa in Wilmersdorf. Da gibt es wirklich feinste orientalische Speisen.

Das Cana ist das Ergebnis eines wirklichen Verlusts. Vorher befand sich in den Räumlichkeiten das Restaurant Duniya. Ihm ist wohl nicht bekommen, dass es nicht nur „Libanese“ sein wollte, sondern auch Steakhouse. Libanese konnte es gut – anders als das Cana. Es fängt schon bei der winzigen Speisekarte an, Gegrilltes gibt es nur in einem 4-Gang-Menü ab 2 Personen; auf einer Wochenkarte finden sich ca. fünf Hauptgerichte zur Auswahl. Das ist dünn.

Eigentlich gehe ich zum Araber, um mir in kleinen Schälchen verschiedene kleine „Schweinereien“ vorsetzen zu lassen, kalt und warm, Pasten und Salate, serviert mit Fladenbrot und sehr absechslungsreich. Damit kann man auch gut ein Hauptgericht ersetzen. Wir hatten sechs Schälchen als Vorspeise. Warmes war nicht dabei und geschmacklich herrschte Langeweile.

Mein Hauptgericht war richtig übel. Das Cana hat es geschafft, Hähnchenbrust so zuzubereiten, dass sie hart-knorpelig wurde. Dazu gab es lauwarme Rosmarinkartoffeln und eine pappig-süßliche Feigensoße. Die Prinzessin war mit ein paar gebratenen Meeresfrüchten etwas zufriedener. Lecker war hingegen der Nachtisch – arabisches Gebäck – vermutlich war es nicht hausgemacht.

Der Service war freundlich und bei den Räumlichkeiten gibt es einen gemütlichen Hauptraum (vom Eingang links) und einen anderen Raum auf der rechten Seite, in dem wir gesessen haben. Preislich ist das Ganze ok: Unsere drei Gänge kosteten 18,90 Euro, aber feinste arabische Speisen sind anders. Ein weiterer Besuch wird allenfalls zum günstigen Mittagslunch stattfinden und wenn bei BDI und BDA die belegten Brötchen aus sind.

Fazit: Für libanesisches Essen fährt man lieber nach Wilmersdorf. Und wer an der Fischerinsel essen will, geht besser zum Inder (Shezan) gegenüber. 

Dazu mehr im nächsten Teil…

Im Internet unter http://www.canarestaurant.de/