Samstag, 10. November 2012

Schlachtfest im „Deux ou trois choses“



Wir haben ja fast vergessen, dass so ein Schwein nicht nur aus Schnitzel und Filet besteht, sondern unterm Borstenkleid noch einiges andere zu bieten hat. Und bis auf diese äußere Hülle kam in einem Fünf-Gang-Menü auch einiges auf den Tisch des Kreuzberger Restaurants, wo die Prinzessin und ich vor gar nicht langer Zeit waren – und wir gehen nicht zweimal irgendwo hin, wenn es nicht gut ist. Zur Erinnerung und für alle Neuleser: Das „Deux ou trois choses“ hat sich der deftigen Küche der Stadt Lyon verschrieben. Macher ist der Inhaber des „Schlesisch blau“ und beide Restaurants liegen an der Köpenicker Str. 

Diesmal stand jedoch ein Externer am Herd. Wolfgang Müller. Der hat nicht nur Koch, sondern auch Metzger gelernt, hatte sich mal einen Stern erkocht (Bühler Höhe in B-W), war aber auch schon in Berlin tätig, z.B. im Horvath. Also der Mann versteht was vom Kochen und von Schweinen. Und so war auch das Essen. 59 Euro waren dafür fällig, und die passenden Weine – offiziell sechs Gläser – wurden mit 26 Euro berechnet. 

Nach zwei (!) Gläschen guten Elbling Sekt von der Mosel stand am Anfang die Metzelsuppe. Die entsteht, wenn man Innereien auskocht und dann darin die Würste gart. Kombiniert wurde das Ganze mit einem Grieben-Schmalz-Brot. Der größte Hunger war danach verflogen. Es folgte eine Kartoffelpizza mit Blutwurst. Ein Produkt, um das ich normalerweise einen Bogen mache. Diesmal war ich begeistert. Das setzte sich fort beim nächsten Gang, wo niedertemperaturgeschmorter Schweinebauch mit Jakobsmuschel und Sauce Hollandaise kombiniert wurde, und ließ auch nicht nach bei der getrüffelten Leberwurst, die fantastisch schmeckte, wenn auch nicht unbedingt nach Trüffel. Die Weine von Nahe, Kaiserstuhl und Mosel passten gut und hätten auch ohne Essen geschmeckt. 

Der Hauptgang nannte sich „Schlachterplatte 2012“. Auf ihr fand sich der gebackene Knödel aus Ohr, Schwanz und Fuß, den ich interessant fand und der der Prinzessin nicht so recht schmeckte, ein Stück Schweinefilet im Wirsingmantel (Filet – wie langweilig) und ein gepökeltes Bäckchen. Dazu ein Spätburgunder, der gegen die Weißen vorher deutlich abfiel. Die Grundlage war zu gut, als dass wir uns schon in einem Zustand befunden hätten, wo wir nichts mehr geschmeckt hätten.
Das Dessert war nur noch verbal-fleischig: Blutsuppe (Campari-Orange) und Schweineohren (Blätterteig) waren nicht der Rede wert. Die dazu gereichte Chilisauce passte so gut, wie der Leser sich das gerade im Moment der Lektüre vorstellt.
Abgerundet wurde das ganze wie schon beim letzten Mal durch einen sehr netten Service, ein Kaminfeuer, einen gigantischen Kürbis als Blickfang und die lockere Holztischatmosphäre, die man auch an Abenden erlebt, wenn nicht das ganze Schwein dran glauben muss.

Fazit: Ein tolles kulinarisches Erlebnis für experimentierfreudige Fleischfreunde, das viel Spaß und satt gemacht hat.

Im Netz zu finden unter http://de-de.facebook.com/2ou3choses

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