Sonntag, 10. November 2013

Restaurant Alt-Luxemburg: Gutes altes West-Berlin



Wieder einmal haben wir den Weg in den Westen auf uns genommen, diesmal war es allerdings kein schweres Unterfangen: Hinweg über den S-Bahnhof Charlottenburg und zurück mit der U 2 ab Sophie-Charlotte-Platz. Dazwischen liegt das Restaurant Alt-Luxemburg. Von außen eher unscheinbar weist es von innen ein gediegenes Ambiente auf, wie es Sternerestaurants früher haben mussten, als eher schlichte (bezogen auf das Ambiente) Kellerrestaurant wie das Hartmanns noch keine Chance beim Michelin gehabt hätten. Teppichboden, dunkles Holz, auch an den Wänden, aber keinesfalls überladen. Akzente setzen modere Bilder.  Hier fühlt sich das etwas ältere Publikum wohl – und die (junge) Prinzessin und ich auch. Das Beste, was einem nach einem langen Arbeitstag passieren kann.

Inhaber des Restaurants, das seinen Namen vom Villeroy&Boch-Geschirr hat, von dem auch gegessen wird, ist das Ehepaar Wannemacher und zwar seit 1982. Er in der Küche (früher mit Stern, heute 16/20 im Gault Millau), sie als Chefin des Service.

Wir durften einen perfekten Abend genießen. Das galt für den aufmerksamen, bestens geschulten  und freundlichen Service, der ein perfektes Timing hatte. Die Weine kamen vor den Speisen, die Wartezeiten waren nie zu lang und nie zu kurz. Es stimmte alles. 

Das gilt auch für das Essen. Vorweg selbstgemachte Grissini, Strudelteig mit Kümmel, Cashews oder getrockneten Tomaten und natürlich verschiedene Sorten Brot und Butter. Als Gruß aus der Küche gab es ein Blätterteigpastetchen gefüllt mit Hühnerfrikassee.  Als Aperitif hatte ich einen Riesling Sekt von der Saar, der seine 8 Euro auf jeden Fall wert war. Eine Flasche Wein gibt es ab ca. 30 Euro, für ein viergängiges Menü zahlt der Gast 71 Euro. Unser Glück war das Morgenpostmenü, weshalb wir die Speisekarte sehr günstig kennenlernen konnten. Begleitet wurden die fünf Gänge mit Weinen aus der Pfalz, die allesamt hervorragend zu den einzelnen Gängen passten. Wir starteten mit zwei vegetarischen Gängen: Kürbiscannelloni mit Frischkäsefüllung und Kokos-Currycremesuppe mit Erbensprossen. Es folgte Kabeljau mit Meerrettich und Roter Bete und Entenbrust mit Honig-Ingwersoße. Geschmacklich und optisch alles sehr gelungen und keine unliebsamen Überraschungen. Wer gerne bunte Gelatinewürfel mag, die nach Kräutern der Provence und gleichzeitig bananig schmecken, ist fehl am Platz. Den süßen Abschluss fand das Ganze mit einem Limonen-Soufflé, das natürlich perfekt aufgegangen und schön fluffig war. Da ich traditionsgemäß einen Teil des Nachtisches an die Prinzessin abtrete, habe ich noch Käse geordert. Der war schon ein paar Mal im Wagen an mir vorbei gerollt, das macht Appetit. Wohl temperierte Rohmilchkäse aus Frankreich, vier Stücke für 13 Euro. Ein schöner Abschluss. Gab es gar nichts zu meckern? Ich persönlich hätte die Entenbrust etwas mehr rosa gemocht. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau.

Fazit: Wer gepflegt Essen gehen möchte, aber auf „trendy“ verzichten kann, ist im Alt-Luxemburg richtig. Das Restaurant ist sich – Mauerfall und Mittehype hin oder her – treu geblieben. Restaurants wie dieses sind der Grund, warum West-Berlin gerade wiederentdeckt wird.

Im Internet unter  http://www.alt-luxemburg.de/ 

Mittwoch, 23. Oktober 2013

Restaurant Matzbach: Badische Tagsüber-Küche in Kreuzberg 61



Dort wo in Kreuzberg die Preise und die Zahl der Touristen gleichermaßen steigen, findet sich das Restaurant Matzbach – im Begmannstraßenkiez am Ende der erfolgreich wiederbelebten Marheineke-Markthalle. Mit einem Schwerpunkt auf der badisch-elsässischen Küche wird vom Frühstück bis zum Abendessen serviert. Im Sommer kann man draußen vor der Tür auf dem Marheineke-Platz sitzen.

Die Prinzessin und ich hatten uns von einem Angebot des Badischen Weinhauses locken lassen, das im Matzbach zum Menü mit Weinen der Winzergenossenschaft Waldulm geladen hatte. Anlass war die Baden-Württemberg Classics, einer Weinmesse mit Weinen aus diesem Bundesland. Für 40 Euro gab es vier Gänge, einen Sekt vorab und sieben Weine à 0,1 l. Da es sich um einen Restaurant-Blog handelt, verzichte ich auf die detaillierte Beschreibung. Nur zwei Anmerkungen: Trocken ist in Waldulm ein dehnbarer Begriff und es hat schon Sinn, dass die meisten Winzer aus roten Spätburgundertrauben roten Wein machen und ihn nicht weiß keltern, denn das schmeckt eigenartig.

Mit dem Essen waren wir insgesamt zufrieden. Die badische klare Brotsuppe als Vorspeise schmeckte richtig gut. Da war die Küche in ihrem Element. Das Carpaccio vom Seeteufel als solches wäre auch in guter Erinnerung geblieben. Allerdings erschlug das Limettendressing den hauchdünnen Fisch. Das lag auch daran, dass das Salatbouquet, das das Dressing wohl aufhalten sollte, lediglich aus einem Büschel Feldsalat bestand. Das sorgte für Erheiterung – nicht nur bei der Prinzessin und bei mir. Der badische Sauerbraten mit Rotkohl und Schupfnudeln war dann wieder so, wie ein deftiges regionales Gericht sein soll – reichlich und schmackhaft. Ein weiterer Höhepunkt folgte zum Schluss: Eine hausgemachte Schwarzwälder Kirschtorte. Die ist bekanntlich kein Diätessen und vermutlich schmeckt sie deshalb so gut.

Die Beurteilung des Service ist nicht ganz so einfach. Alle waren freundlich und zuvorkommend, aber hoffnungslos überlastet. Auf einen solchen Ansturm an Besuchern – jeder Platz war besetzt - sind die Servicekapazitäten offensichtlich nicht ausgelegt. Dieser Mangel wurde bestmöglich verwaltet.

Das Matzbach gibt sich insgesamt rustikal mit schweren Holztischen und –bänken, verbindet dies aber mit einigen Elementen untypischen Elementen wie einem schweren roten Vorhang an einer Wand oder Retro-Lampen. Insgesamt ist das ok, aber mehr für Brunch oder Frühstück geeignet als für ein romantisches Abendessen. Modernstes Design findet sich im Keller im Bereich der Toiletten. Besonders angetan hat es mir die sehr edle Pinkelrinne. Aus braunen Mosaikkacheln mit Kupferschimmer gebaut - und gespült wird aus einer mattierten Edelstahlblende. Das gibt es vermutlich nur einmal in ganz Berlin. Vielleicht beginnt hier die Wiederauferstehung dieser fast ausgestorbenen Sanitäreinrichtung. Männliche Leser werden mich verstehen.

Fazit: Das Matzbach ist eine Empfehlung für traditionelle südwestdeutsche Küche auf anständigem Niveau. Atmosphärisch würde ich eher hingehen, wenn es draußen noch hell ist.

Im Internet unter http://www.matzbach-berlin.de/ 

Samstag, 21. September 2013

Delizie D’Italia: Anspruchsloser Prenzlauer Berg



Freitagabend. Eine harte Bürowoche lag hinter uns. Da wollten wir zum Start des Wochenendes eine Kleinigkeit essen gehen. Was liegt da näher, als einen Italiener aufzusuchen? Unser Ziel war das Delizie d’Italia in der Kollwitzstr., also mitten in Prenzlauer Berg. Es war noch leer, aber fast alles reserviert. Dennoch bekamen wir einen der eng gestellten Tische. Das Ambiente war ganz gemütlich, und italienisch rustikal. Pizza findet sich nicht auf der Karte, obwohl genau die optisch gut in den Laden gepasst hätte. 

Die Auswahl war trotzdem gut – sowohl eine Standardkarte als auch eine aktuelle Tageskarte standen zur Auswahl. Die Prinzessin hat einen großen Salat (12,90 Euro) geordert, der geschmacklich ohne Tadel war. Der wurde frisch hinter dem Haus geerntet. Jedenfalls hat es so lange gedauert, bis er da war. Meine Vorspeise war eine Scheibe Polenta mit einer Scheibe Mortadella und mit Käse überbacken (8,90 Euro). Das kam relativ kalt auf den Teller und wurde nochmal aufgewärmt. Schuld war der neue Ofen. Aha. Vermutlich hat der das Würzen auch noch nicht gelernt. Abgehackt und weiter gewartet – und zwar lange. Das Restaurant füllte sich. Einige bekamen schnell etwas zu essen. Andere saßen lange vor Ihren abgegessenen Tellern. Und irgendwann kamen dann meine Nudeln mit Trüffelsoße. Die hausgemachten Nudeln waren in Ordnung. Den Trüffelgeschmack konnte man hingegen nur erahnen. Da gab es zwar zwei bis drei so dunkle Stücke, die wie Trüffel aussahen. Die Trüffeligkeit war aber etwa so wie wenn man Discounter Trüffelleberwurst kauft. Nun sind 9 Euro nicht viel Geld, aber ein paar Tropfen (verschrienes synthetisches) Trüffelöl hätten geholfen. 

Der Wein für 4 Euro für 0,2 l war ganz gut trinkbar, mehr aber auch nicht. Der Service wirkte überfordert und war auch nicht besonders freundlich. Ich habe mit EC-Karte bezahlt. Das Kartengerät wurde an den Tisch gebracht und der Kellner verschwand. So habe ich mir letztendlich die Belege selbst ausgedruckt. Insgesamt fragt man sich, warum der Laden so gut besucht war. Sind die Prenzl’Berg-Schwaben etwas unkritisch? Oder so clever, dass sie den Laden den Touristen überlassen haben? Wir werden es nicht erfahren, denn es wird keinen zweiten Besuch geben.

Fazit:  Unter der Woche auf einen Salat möglicherweise erträglich. Ansonsten für Schwaben und Touris.



Im Internet unter www.delizieditalia.de/
 

Mittwoch, 18. September 2013

Fabrics im nhow-Hotel: Genial Essen in Barbies Dream House



Das Schöne am Morgenpost-Menü ist, dass man immer wieder Restaurants kennenlernt, in die man vermutlich nie ohne diesen Anstoß gegangen wäre. So wie in diesem Fall. Da nhow Hotel liegt kurz hinter der Oberbaum-Brücke. Darauf hat man einen wunderschönen Blick und auch über die Spree hinüber auf die Kreuzberger Seite. Das Hotel bezeichnet sich als „Music and Lifestyle Hotel“ für sehr coole Leute, die nicht nur der Kreativszene angehören (viele), sondern sich auch ein solches Hotel leisten können (wenige). Das Designkonzept heißt knallig mit viel Lila. Alles ist irgendwie bunt, geschwungen und aus Kunststoff. Auf dem Klo strahlt die grell-gelbe Neonsonne und statt einer Tischdecke gibt es ein Platz-Set in giftgrüner Osternest-Optik. Barbie und Ken sind vermutlich die Betreiber des Fabrics. Lediglich die weißen Stoffservierten passten nicht. Habe mich trotzdem über sie gefreut – eine Erinnerung aus meiner uncoolen eigenen kleinen Welt. 

Was jedoch auf den Plastiktisch kam, war toll. Als Aperitif einen (lila) Cocktail, dann ein Süppchen mit Trüffel als Gruß aus der Küche und drei Sorten Brot – Ciabatta natur, mit Wasabi und mit Curry. Dazu ein Olivenöl, das in einem Schüsselchen serviert wurde, auf dessen Boden vorher ein Balsamico-Smiley  gemalt worden war. Das passte zum wirklich freundlichen jung-dynamischen Service, der Spaß an der Arbeit hatte. Punktabzug gibt es für das Servieren des Weins, der stets nach dem jeweiligen Gang serviert wurde. Der erste Gang nannte sich „Pralinées-Startup“ und bestand aus gehacktem Lachs und Hummer. Dann folgte ein Brunnenkressesüppchen mit einem Flusskrebsröllchen. Beides war vorzüglich. Als dritten Gang wurden wir mit „Gemüse Love“ verwöhnt. Perfekt gegartes Grünzeug mit Gemüseschaum und Selleriepüree. Konnte mir kaum vorstellen, wie lecker vegetarisch sein kann. Der dazu gereichte „Inzolia“, so der sizilianische Name einer wenig bekannten weißen Traube, schmeckte wunderbar und machte die beiden wenig aussagekräftigen Weißweine der beiden ersten Gänge vergessen.

Ungewöhnlich auch der Hauptgang. Es wurde Rinderbauch serviert. Den hatten wir noch nie gegessen. Kräftiger Geschmack, nicht gerade weich, aber auch nicht zäh, sondern knackig. Dazu ein roter Bordeaux. Das passte. Würde ich beides sofort wieder bestellen. Zum Nachtisch wurde es dann nochmal wild. Es gab „Zitronenknackbällchen“ und einen kleinen Cocktail, der u.a. auf Apfel, Sake und Sellerie bestand. Und was zum Spielen: So eine Art Brausepulver, das so herrlich kribbelt in die Mund. 

Fazit: Tolles kreatives und trotzdem sehr leckeres Essen, netter Service und ein ganz anderes Ambiente. Optisch das Anti-Schloßhotel Grunewald.

Im Internet unter http://www.nhow-hotels.com/berlin/hotel/restaurant