Das Morgenpostmenü hat die Prinzessin und mich an den
Landwehrkanal geführt. Das Alte Zollhaus könnte man für einen Vorboten der
Gentrifizierung im Kiez rund um das Hallesche Tor halten. Aber tatsächlich war
das Restaurant schon 1979 da. Das Gebäude selbst stammt aus der Kaiserzeit. Das
Wetter war schön und so saßen wir im großzügigen Garten und ließen es uns gut
gehen. An diesem Abend wurde klar, warum der Inhaber Herbert Beltle ein so
erfolgreicher Gastronom ist. Nach dem totalen Reinfall in einem seiner weiteren
Restaurants, dem Weingrün (siehe http://essen-in-berlin.blogspot.de/2012/09/rotisserie-weingrun-wenn-das-schlechte.html)
waren die Erwartungen gedämpft. Der Chef war persönlich vor Ort und kümmerte
sich, und das hat seine Mannschaft offenbar motiviert.
Wie beim Morgenpostmenü üblich wurden fünf Gänge für 60 Euro
serviert, inklusive passender Weine. Diese stammten in vier Fällen vom eigenen
Weingut Horcher. Alle miteinander, beginnend mit einem Prosecco, waren gut
trinkbar und passten wunderbar zur warmen Jahreszeit.
Zum Start gab es, nach leider teilweise etwas
trockenem Brot einen „vegetarischen Ochsen“. Dahinter verstecken sich dreierlei
von der Ochsentomate: Quiche, Essens und Sülze. Ein schöner Einstieg und es
ging lecker weiter: Es folgte eine Erbsensuppe mit Pfifferlingen; dann gab es
überbackene Hechtklößchen. Hierzu wurde ein fassgereifter Chardonnay aus dem
südwestfranzösischem Limoux serviert, von dem der Patron zwei Fässer ersteigert
hatte. Der hat mir so gut geschmeckt, dass ich den lieblichen Wein zum
Nachtisch gegen einen weiteren Schluck von diesem Tropfen getauscht hatte. Im
Hauptgang kam Schwein auf den Teller, das es in Berlin nur noch als
„Havelländer Apfel…“ zu geben scheint. Unter der Überschrift „2 x Schwein
gehabt“ gab es Bauch (göttlich) und Rücken (gut). Abgeschlossen hat das Menü
mit einem Himbeertiramisu – traditionell das „Betätigungsfeld“ der Prinzessin.
Am Ende waren wir beide gut gesättigt.
Glücklicherweise war der Heimweg nach
Mitte nicht allzu weit, denn die Weinversorgung war mehr als großzügig. Horcher
Rot- und Weißwein standen während des jeweiligen Ganges am Tisch für den
do-it-yourself Refill. Da verzeihe ich auch, dass das Glas für mehrere Weine zu
verwenden war. Der Service agierte mit sichtbarer Freude an der Sache und
irgendwie passte dazu auch, dass die Restaurantleiterin die Kerzen bei Einbruch
der Dunkelheit mit einem „und zack…“ auf den Tischen verteilte. Die Preise
sind, auch wenn es kein Morgenpostmenü gibt, angemessen: Hauptgerichte um die
20 Euro, Vorspeisen um 11 und Nachtisch um 10 Euro.
Fazit: Wer gut
und gepflegt essen gehen möchte, ist im Alten Zollhaus gut aufgehoben. Küche,
Weine und Service sind solide. Das Gesamtpaket stimmt in jeder Hinsicht.
Im Internet unter http://www.altes-zollhaus-berlin.de/
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