Montag, 17. September 2012

Rôtisserie Weingrün: Wenn das Schlechte liegt so nah




Das mit der Nähe ist schnell erklärt: Der Laden, ein Eckrestaurant, ist so nah, dass ich von zu Hause gut hinlaufen kann. Oder ihn regelmäßig links liegen lassen werde.  Das Schlechte ist etwas aufwändiger  zu beschreiben. Und es war nicht alles schlecht – aber vieles. Gut war fast nichts. Heute gehen wir mal chronologisch vor. Es war ein Mittwochabend. Das Morgenpostmenü war angekündigt mit dem „Gespür für Gastronomie“, über das der Inhaber verfügt, dem auch das Alte Zollhaus und das Aigner am Gendarmenmarkt (ganz in Ordnung) gehören. Das war wohl ironisch gemeint.

Also wir, d.h. die Prinzessin und ich kommen rein. Der Raum sieht eigentlich ganz gemütlich aus: Warme Farben, eine Wand voller Weinflaschen, Holzfußboden und eine Decke aus Ziegelsteinen. Gut, dass der Raum hoch und die Decke weit genug weg war, sonst hätten die Spinnweben ins Essen gehangen. Es ist laut wie in einer Kreuzberger Eckkneipe. Wir schreien uns an ohne zu streiten.

Das Restaurant war knallvoll. Rund 60 Leute. Es waren noch zwei Tische frei. Zum einen der Katzentisch direkt im Eingang, der kein Zwei-Personen-Tisch sondern ein halber-vier Personen-Tisch war (Abstand zum Nachbartisch: 2 cm). Den fanden wir nicht so gut. Den anderen Tisch sollten wir nicht haben. Die charmante Restaurantleiterin (auch ich kann Ironie) hatte den für etwas anderes vorgesehen. Die Prinzessin fragte dann noch mal beim Kellner. Der fiel seiner Chefin in den Rücken und der Tisch war unser. Der Service arbeitete an diesem Abend zum ersten (und letzten) Mal zügig. Die Oliven, die zur Begrüßung auf dem Tisch standen, verschwanden und kamen nicht wieder.  Auf diesen Schrecken hätten wir gerne einen Aperitif genommen. Wir bekamen aber sofort und ungefragt den Wein zum ersten Gang. Währendessen blickte die Prinzessin auf den Werbehinweis für Aperol Sprizz. Dann kam erst einmal 45 Minuten nichts. 

Dann kam der erste Gang. Und etwas später auch das Brot mit Quark. Das Essen war von Gang 1 bis 3 in Ordnung und die Weine dazu eigentlich auch. Es ging los mit einem Kartoffelrösti mit Lachs und Kaviar (nicht vom Stör), dann kam Paprikacremesüppchen. Vor dem dritten Gang fragte der Kellner, bei welchem Gang wir denn gerade seien. Dann kam die Makrele. Doch halt, vorher kam die Restaurantleiterin und schickte sich an, den dritten Wein wieder ins gleiche Glas zu kippen. Da haben wir um saubere Gläser gebeten. Böser Fehler: Der Mann mit „dem Gespür für Gastronomie“ hatte sich überlegt, dass das Glas drei Gänge halten soll (zweimal weiß, einmal rosé). Das stand auch auf der Menükarte. Die hatten wir allerdings nicht. Die Restaurantleiterin konterte: „Sie haben sich einfach umgesetzt.“ – Ich „Nein. Ihr Kollege hat uns den Tisch gegeben.“ Dann legt sie schnippisch-freundlich den Arm um mich, bringt anschließend die Karten vom Katzentisch und verweist auf die 3-Wein-1-Glas-Regelung. Ja, in Eckkneipen geht es manchmal rund. Aber wenn der Inhaber ein Weingut sein Eigen nennt,  sollte das eigentlich nicht der Fall sein. Immerhin kam dann ein neues Glas. Anders als das nachbestellte Brot. Die erste Portion hatten wir in den langen Wartezeiten aufgefuttert. Der durchaus bemühte Azubi (und mehr Servicepersonal gab es und gibt es auch sonst nicht (Antwort auf Nachfrage) - zu Erinnerung: 60 Leute hatten Hunger) hatte sogar gefragt, ob er auch noch Quark bringen solle. Quark kam nie. War wohl aus. Es kam nach zweimaligem Nachfragen wenigstens noch etwas Brot.  Der Wein zum Hauptgang diente vor allem der Frustbewältigung genau wie der süße Nachtischbegleiter.

Ein Lob muss ich jetzt aber doch noch loswerden: Zum Hauptgang gab es ein Schweinenackensteak vom Flammenwandgrill. Wunderbar saftig, tolle Röstaromen. Dieses Küchengerät ist der einzige Grund, warum in der Überschrift kein Wortspiel mit „Flammenwerfer“, zur gebotenen Behandlung der Rôrisserie steht. Die Beilagen waren nicht der Rede wert. Der Nachtisch war ein Palatschinken mit Marmelade. Der war ganz ok, aber schon halb aufgegessen, als der Wein kam. Beim Bezahlen funktionierte dann meine EC-Karte nicht. Die hat halt auch gastronomisches Gespür. Das war das Ende eines der übelsten Restaurantbesuche in meiner Karriere als „Lokal-Redakteur“.

Fazit: total überforderter Service, sehr laut, kein besonderes Essen. Wenn überhaupt nochmal, dann „Flammenwand-Fleisch to go“.

Im Internet unter http://www.rotisserie-weingruen.de/ 

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