Sonntag, 23. September 2012

Restaurant Weinrot: Service jenseits von Berlin




Über das Restaurant Weinrot im Savoy-Hotel hatte ich schon mal geschrieben (http://essen-in-berlin.blogspot.de/2011/06/weinrot-im-savoy-hotel.html). Und weil es mir immer (auch beim vierten Besuch) so gut gefällt, bin ich noch einmal hingegangen – Mit der Prinzessin und zwei blaublütigen Begleitern (Verwandtschaft der Prinzessin). Und weil es wieder so gut war, gibt es einen kurzen Beitrag über das Weinrot, der demjenigen über das Weingrün diametral gegenübersteht.

Wir waren zum sogenannten Weinmenü da. Vier Gänge plus ein Amuse Bouche wurden zusammen mit fünf begleitenden Weinen gereicht. Diese kamen aus der Bourgogne und aus Franken (dreimal Juliusspital), inklusive Wasser und Café standen dafür 75 Euro pro Person auf der Rechnung. Das ist wirklich ein sehr fairer Preis für das, was geboten wurde. Die Weine überzeugten ebenso wie das Essen, wo sich z.B. Teltower Rübchen Suppe oder Linumer Wiesenkalb auf den Tellern wiederfand. Das ist Küche auf sehr hohem, aber nicht schwindelerregendem Niveau.

 Darin unterscheidet sie sich vom Service, denn der war perfekt und stände jedem Sterne-Restaurant gut zu Gesicht. Wir wurden den ganzen Abend von Jasmin Zimmermann verwöhnt (stand auf ihrem Namensschild – ich hätte doch niemals im Beisein der Prinzessin nach dem Namen einer fremden Frau gefragt…).  Sie schenkte stets nach; wenn das Brot alle war, brachte sie neues. Das ganze Timing stimmte: Leere Teller wurden zügig abgetragen und Gläser rechtzeitig eingesetzt (Fachausdruck – dort gelernt) und natürlich auch gefüllt. Und das alles bei konstanter Freundlichkeit – man glaubt, man hat Berlin verlassen.

Fazit: Es bleibt eine der besten Adressen für gutes Essen, tolles Ambiente und den besten Service.

Montag, 17. September 2012

Rôtisserie Weingrün: Wenn das Schlechte liegt so nah




Das mit der Nähe ist schnell erklärt: Der Laden, ein Eckrestaurant, ist so nah, dass ich von zu Hause gut hinlaufen kann. Oder ihn regelmäßig links liegen lassen werde.  Das Schlechte ist etwas aufwändiger  zu beschreiben. Und es war nicht alles schlecht – aber vieles. Gut war fast nichts. Heute gehen wir mal chronologisch vor. Es war ein Mittwochabend. Das Morgenpostmenü war angekündigt mit dem „Gespür für Gastronomie“, über das der Inhaber verfügt, dem auch das Alte Zollhaus und das Aigner am Gendarmenmarkt (ganz in Ordnung) gehören. Das war wohl ironisch gemeint.

Also wir, d.h. die Prinzessin und ich kommen rein. Der Raum sieht eigentlich ganz gemütlich aus: Warme Farben, eine Wand voller Weinflaschen, Holzfußboden und eine Decke aus Ziegelsteinen. Gut, dass der Raum hoch und die Decke weit genug weg war, sonst hätten die Spinnweben ins Essen gehangen. Es ist laut wie in einer Kreuzberger Eckkneipe. Wir schreien uns an ohne zu streiten.

Das Restaurant war knallvoll. Rund 60 Leute. Es waren noch zwei Tische frei. Zum einen der Katzentisch direkt im Eingang, der kein Zwei-Personen-Tisch sondern ein halber-vier Personen-Tisch war (Abstand zum Nachbartisch: 2 cm). Den fanden wir nicht so gut. Den anderen Tisch sollten wir nicht haben. Die charmante Restaurantleiterin (auch ich kann Ironie) hatte den für etwas anderes vorgesehen. Die Prinzessin fragte dann noch mal beim Kellner. Der fiel seiner Chefin in den Rücken und der Tisch war unser. Der Service arbeitete an diesem Abend zum ersten (und letzten) Mal zügig. Die Oliven, die zur Begrüßung auf dem Tisch standen, verschwanden und kamen nicht wieder.  Auf diesen Schrecken hätten wir gerne einen Aperitif genommen. Wir bekamen aber sofort und ungefragt den Wein zum ersten Gang. Währendessen blickte die Prinzessin auf den Werbehinweis für Aperol Sprizz. Dann kam erst einmal 45 Minuten nichts. 

Dann kam der erste Gang. Und etwas später auch das Brot mit Quark. Das Essen war von Gang 1 bis 3 in Ordnung und die Weine dazu eigentlich auch. Es ging los mit einem Kartoffelrösti mit Lachs und Kaviar (nicht vom Stör), dann kam Paprikacremesüppchen. Vor dem dritten Gang fragte der Kellner, bei welchem Gang wir denn gerade seien. Dann kam die Makrele. Doch halt, vorher kam die Restaurantleiterin und schickte sich an, den dritten Wein wieder ins gleiche Glas zu kippen. Da haben wir um saubere Gläser gebeten. Böser Fehler: Der Mann mit „dem Gespür für Gastronomie“ hatte sich überlegt, dass das Glas drei Gänge halten soll (zweimal weiß, einmal rosé). Das stand auch auf der Menükarte. Die hatten wir allerdings nicht. Die Restaurantleiterin konterte: „Sie haben sich einfach umgesetzt.“ – Ich „Nein. Ihr Kollege hat uns den Tisch gegeben.“ Dann legt sie schnippisch-freundlich den Arm um mich, bringt anschließend die Karten vom Katzentisch und verweist auf die 3-Wein-1-Glas-Regelung. Ja, in Eckkneipen geht es manchmal rund. Aber wenn der Inhaber ein Weingut sein Eigen nennt,  sollte das eigentlich nicht der Fall sein. Immerhin kam dann ein neues Glas. Anders als das nachbestellte Brot. Die erste Portion hatten wir in den langen Wartezeiten aufgefuttert. Der durchaus bemühte Azubi (und mehr Servicepersonal gab es und gibt es auch sonst nicht (Antwort auf Nachfrage) - zu Erinnerung: 60 Leute hatten Hunger) hatte sogar gefragt, ob er auch noch Quark bringen solle. Quark kam nie. War wohl aus. Es kam nach zweimaligem Nachfragen wenigstens noch etwas Brot.  Der Wein zum Hauptgang diente vor allem der Frustbewältigung genau wie der süße Nachtischbegleiter.

Ein Lob muss ich jetzt aber doch noch loswerden: Zum Hauptgang gab es ein Schweinenackensteak vom Flammenwandgrill. Wunderbar saftig, tolle Röstaromen. Dieses Küchengerät ist der einzige Grund, warum in der Überschrift kein Wortspiel mit „Flammenwerfer“, zur gebotenen Behandlung der Rôrisserie steht. Die Beilagen waren nicht der Rede wert. Der Nachtisch war ein Palatschinken mit Marmelade. Der war ganz ok, aber schon halb aufgegessen, als der Wein kam. Beim Bezahlen funktionierte dann meine EC-Karte nicht. Die hat halt auch gastronomisches Gespür. Das war das Ende eines der übelsten Restaurantbesuche in meiner Karriere als „Lokal-Redakteur“.

Fazit: total überforderter Service, sehr laut, kein besonderes Essen. Wenn überhaupt nochmal, dann „Flammenwand-Fleisch to go“.

Im Internet unter http://www.rotisserie-weingruen.de/ 

Dienstag, 4. September 2012

Restaurant „Deux ou trois choses”: französisch mal anders

Vor einiger Zeit habe ich mal zum „schlesisch blau“ in der Köpenicker Str. gebloggt. Das „Deux ou trois choises, benannt nach einem französischen Godard-Film aus den sechziger Jahren, gehört dem gleichen „Patron“ und liegt nur ein paar Häuser entfernt. Es ist einen Besuch wert. Bedingung: Keine Diät, kein schnödes Vegetarierdasein und der Wille, auch mal was anderes als fettfreies Filet zu futtern. Geboten wird französische Bistrot-Küche aus Lyon und die ist eine Ecke entfernt von Bocuse und Co.: Es gibt schon mal Pferd und Schweinenase, im Oktober wird ein Schlachtfest veranstaltet, bei dem alles verwertet wird, was die Sau hergibt usw. Bei unserem Besuch (wir = die Prinzessin und ich) wurde ein leichtes sommerliches vier Gänge Menü angeboten, das mit 34 Euro auf der Karte steht. Zum süßen Einstieg gab es Melone mit Banyul-Süßwein (lecker, aber eher ein Nachtisch). Der zweite Gang war dann schon etwas spezieller, aber eine Delikatesse: Hechtkklößchen mit Kalbsnierchen und Specksauce und oben drauf Wildkräuter. Der Hauptgang war perfektes und pochiertes Lammfilet (nach den Nierchen sei das erlaubt) mit aromatischen Paprika und einer Paste aus Knofi und Anchovis (sog. Anchoviade). Die passte toll, war aber noch bis nächsten Mittag präsent (für mich selbst) bzw. vermutlich zwei Tage lang (für Dritte). Der Abschluss war ein marinierter Weinbergpfirsich und Ziegenkäseeis – auch beides gut, aber nicht so herausragend wie Gang Nr. 2 und 3. Außerdem sehr positiv zu erwähnen: Ein Gruß aus der Küche - Ein Apfelsorbet, das mit Anis gewürzt war. Abgerundet wird dieser gute Eindruck durch den netten und aufmerksamen Service.

Rustikal-schlicht ist das Ambiente: Holztische, aber Stoffservietten, Holzfußboden und helle Wände. Insgesamt Altbauatmosphäre, gemütlich, aber etwas laut. Und für den Winter gibt es einen Kamin. Das leckerste Essen schmeckt natürlich nicht ohne ein oder zwei gute Tropfen. Der erste Tropfen war ein Glässchen Rosé-Cremant, der mit 4,50 Euro fair kalkuliert war, genau wie der Liter Evian, für den 5,50 Euro auf der Rechnung stehen. Anschließend gab es noch ein Fläschchen Wein. Ein Südfranzose aus der alten und recht seltenen Traubensorte  Viognier, der gut passte und (hier und generell) empfehlenswert ist. Er ist mit 29 Euro nicht geschenkt, aber preislich vollkommen in Ordnung.

Fazit: Richtig gutes, aber nicht alltägliches Essen und ein stimmiges Gesamtkonzept. Zum Schlachtfest gehen wir wieder hin.