Sonntag, 5. August 2012

Ming Dynastie: Qualle statt süß-sauer

Jahrzehnte habe ich eine tiefe Abneigung gegen chinesisches Essen gehabt. Der Grund liegt in der Kindheit. Da gab es eine China-Restaurant, das viel Auswahl an pampigen Gemüse in undefinierbaren und meist süßlichen Saucen hatte. Das ist überwunden und auch die Ming Dynastie hat dazu beigetragen.

Das Restaurant liegt quasi im Schatten der chinesischen Botschaft an der Jannowitzbrücke, direkt an der Spree. Bei schönem Wetter kann man draußen am Fluss sitzen. Optisch macht das Ganze nicht viel her. Das Restaurant hat sich im Jannowitz-Center eingemietet, der vielleicht leerstehendsten Büroimmobilie in Mitte, und von innen ist die Ming-Dynastie sowas von typisch China-Restaurant, dass ich mich an meine Jugend erinnert fühlte. Aber die Chinesen würden wohl keine Glutamatbude in unmittelbarer Nachbarschaft der Botschaft dulden. Und tatsächlich: Das Essen ist richtig gut. Es finden sich die typischen Chinagerichte auf der Karte, aber auch durchaus ungewöhnliche Kreationen – jedenfalls für europäische Gaumen.
In Begleitung meiner Prinzessin stürzten wir uns ins Abenteuer. Die Hühnerfüße haben wir dann doch lieber den zahlreichen Asiaten überlassen, die dort immer anzutreffen sind. Ungefragt wurden wir vom freundlichen Service kompetent beraten. Die Fischmagensuppe sollten wir nicht bestellen, da die nur teuer sei, aber nicht nach viel schmecke und die Chinesen sie nur essen würden, weil sie teuer sei. Ich bestelle deshalb die Rinderinnereien in einer superscharfen Chilisauce und die Prinzessin bestellt sich einen Quallensalat, der angenehm glibrig war, aber „super geschmeckt“ hat (Vorspeisen rund 8 Euro). Beim Hauptgang waren wir dann nicht mehr ganz so mutig, aber trotzdem war es untypisch und gut: Ich hatte zartes Lammfleisch, das kräftig mit Kreuzkümmel gewürzt war und mit frischem Koriander serviert wurde und die Prinzessin hatte einen Tontopf voll mit Meeresfrüchten und Tofu (Hauptspeisen rund 15 Euro). Und schon wieder Begeisterung. Alles schmeckt frisch und hat einen differenzierten Geschmack. Der ist weit weg vom Einheitsgeschmack vom China-Express an der Ecke. Dies wurde nur durch das Glas chinesischen Rotwein getrübt, der nahezu untrinkbar war (Finger weg.). Beim nächsten Mal gibt wieder ein Tsingtao Bier.

Fazit: Chinaessen, wie ich es besser noch nicht gegessen habe.

Tipp: Am Wochenende gibt es Büffet mit „all you can eat,“ und für alle Westberliner, die sich nicht in den Osten trauen: Im Europacenter, dem schicken Einkaufstempel aus den Zeiten des Mauerbaus, findet sich eine Filiale.

Im Internet unter http://www.ming-dynastie.de/


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