Dienstag, 6. Dezember 2011

Reinhard's im Kempi: Der Westen kommt. Quod erat demonstrandum.

Verlockend klang das Galamenü im Restaurant Weinrot (in diesem Blog bereits beschwärmt), aber dann der Schock: Geschlossene Gesellschaft und das an beiden Abenden, an denen meine Schwester in Berlin war. Wir sind dann auf das Morgenpost-Menü im Reinhard's ausgewichen - und haben es nicht bereut. Den Westberlinern ist dies als das Straßenrestaurant/-Café am Ku'damm als Teil des Kempinski-Hotels bekannt. Man las in den letzten Monaten viel von „Der Westen kommt wieder“ und dazu die Stichworte „Bikini-Haus“, „Waldorf Astoria“ und ICE-Halt am Bahnhof Zoo (wenn auch nur abends ab 10). Was das Reinhard's angeht, ist der Westen schon angekommen. Auch wenn ich nicht mit meiner Liebsten, sondern (nur) mit meiner Schwester da war, so haben wir doch einen kulinarisch tollen Abend erlebt.

Das Reinhard's ist aktuell weihnachtlich geschmückt, aber man erkennt die typische Brasserieatmosphäre nach wie vor. Es gibt die langen roten Bänke und man sitzt zu eng, um geheime Dinge zu besprechen. Aber ansonsten sitzt man gut. Das Personal war zahlreich vorhanden und sehr, sehr aufmerksam. Es fing bei der Garderobe an und hörte beim Verlassen mit der aufgehaltenen Tür auf. Wie üblich gab es fünf Gänge mit Weinbegleitung. Vor jedem Gang durften wir beide probieren, ob uns der Wein schmeckt.

Es ging – nach frischen Brotvariationen mit Butter und Kräuterquark - los mit Kaisergranat an zweierlei Sellerie – Püree von der Knolle und gebratenen Streifen von der Stange – abgeschmeckt mit einer leichten Chilischärfe. Lecker. Dann kam eine Schaumsuppe von Roter Beete mit Bündener Fleisch und krossem Speck, die am Tisch aus einem Kännchen eingegossen wurde. Es schmeckte so lecker, wie es klingt. Dazu ein Gewürztraminer aus dem Elsass (André Dock). Der war objektiv gut, subjektiv aber zu süß für meinen Geschmack. Ich bin deshalb beim Riesling von Runde eins geblieben (Dr. Loosen, Mosel). Der Service hat es sich aber nicht nehmen lassen, mir dennoch einen Schluck „Gewürz“ hinzustellen. Ich sollte ihn unbedingt mit der Suppe probieren. Ein tolle Kombination! Die nächsten beiden Gänge wurden mit Weinen aus Österreich begleitet: Der Escolar (Butterfisch) mit Chorizo- und Lauchstückchen (sehr gute Kombination) bekam einen grünen Veltiner an die Seite. Es folgte der Hauptgang, der als einziges nicht richtig überzeugte. Ein geschmortes Schaufelstück vom US Beef mit Wurzelnage (heißt soviel wie im Sud serviert, in dem gegart wurde, und mit Butter - wird französisch ausgesprochen– wieder was gelernt). Das Trüffelpürée hat es erträglich gemacht. Der dazu gereichte Wein, ein Blauer Zweigelt, hatte der Jahreszeit angemesse Glühweintemperatur. Das war nicht beabsichtigt und der nahen Kaffeemaschine geschuldet, erklärte der Kellner, als er flugs ein wohltemperiertes Fläschchen brachte. Zum Dessert gab es 10 Jahre alten Portwein, der einen weiteren Höhepunkt begleitete – eine Crème Brûlée von der Tonkabohne mit splitternder Kruste, die vielleicht einen Hauch zu dick war. Aber egal. Denn dazu servierte das Reinhard's Glühweingratiné. Und davon ein Löffelchen auf die Crème – der perfekte Ausklang und passend zur Jahreszeit. Am Ende kam auch noch der Koch Felix Hafner, ein junger Österreicher, und informierte sich an jedem Tisch, über den (hohen) Zufriedenheitsgrad seiner Gäste.

Fazit: Ein toller Abend und die beste Werbung, die ein Restaurant für sich machen kann. Wer trotz Weihnachtsfeiern und anstehender Festtagsvöllerei noch einmal gut essen möchte, sollte versuchen, noch einen Tisch zu buchen (im Dezember außer Weihnachten und Silvester).

Im Internet unter http://www.restaurant-reinhards.de/ (aktuell aber wenig Informationen, da Seite überarbeitet wird).

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