Das Nicolaiviertel ist Platte in ihrer schönsten Form und gehört zu den Ecken, die Berlinbesucher schon lange entdeckt hatten, bevor sie sich Kieze wie z.B. Kreuzberg vorgenommen haben. Was kann man in einem solchen Hotspot an Kulinarischem erwarten? Traditional German Food, Alt Berliner Gaststuben, Pizza und ein Chinese. Die Hoffnungen werden nicht enttäuscht. Und es gibt das „le Provençal“ und damit rechnet man nicht. In Spreelage gibt es ein richtiges französisches Restaurant.
Kein Edelladen, sondern mit hellen Holztischen, aber Stoffservietten und einiger Dekoration, die ein bisschen nach Südfrankreich aussieht. Nimmt man die Deko raus, ginge auch Berliner Gaststube. Dann müsste man die Tische allerdings noch dunkel beizen. Der Service versuchte sich gar nicht erst mit französischen Akzent, sondern berlinerte deutlich, war aber trotzdem (darf man das so schreiben?) freundlich. Zwar konnte die Reservierung nicht gefunden werden, und die fünf Essen kamen nicht gleichzeitig. Aber das war es auch schon.
Die Karte enthält viele Klassiker, aufgeteilt in eine Saison- und eine Ganzjahreskarte. Als Vorspeise hatte ich einen knackigen Salat mit gratiniertem Thymian-Ziegenkäse auf Baguettescheiben. Die Kollegen hatten Schnecken oder eine Fischsuppe mit Rouille und Käse. Geschmeckt hat es allen – und ein Kreis von Verbandsjuristen weiß, was gut ist. Auch als Hauptspeisen gab es Klassiker, die insgesamt Zufriedenheit auslösten: Lammkotelettes, Entenbrust oder – bei mir das Entrecôtes mit Frites und einem kleinen Salat. Geschmacklich sehr gut, aber es war ein Kampf, das Stück Fleisch in Stücke zu kriegen, was zu 50 % am Messer lag und zu 50 % an der Tatsache, dass es doch eher durchgebraten als „saignant“ (= medium rare) war.
Fehlen noch ein paar Worte zum Flüssigen: Wir haben mit Crémant von der Loire angestoßen, der gut gekühlt serviert wurde. Die richtige Wahl. Übertroffen wurde sie vom Wein: Ein Südfranzose aus dem Corbières (Château du Grand Caumont), der mit 25 Euro auf der Karte steht. Ein richtig guter Rotwein, trocken, rund und ein bisschen fruchtig. Für diesen Preis sensationell. Das sonstige Preisniveau ist für die Lage und das, was geboten wird, angemessen. Hauptgerichte kosten z.B. um 20 Euro. Wenn ich nicht geschäftlich da gewesen wäre, wäre ich bei einer weiteren Flasche Wein versackt und hätte auch noch das Lavendeleis als Nachtisch gegessen. Ich kenne es von einem früheren Besuch. Die Idee habe ich für meine eigene Küche übernommen. Unbedingt versuchen. Im „le Provençal“ gibt es das Eis in der Waffel. Ich esse bei mir dazu einen süßen Crêpe.
Fazit: Solider Franzose, den man im Nicolaiviertel nicht erwartet. Bestimmt mal wieder und dann auch wieder mit Eis.
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