Dienstag, 18. Oktober 2011

Hosteria della buona forchetta – Original und Fälschung

Wer lecker essen und dabei auch noch satt werden möchte, sollte besser nicht weiterlesen. Wer allerdings Lust auf kritische Worte (hier) und free flow Wein (dort) hat, dem kann die Lektüre doch noch etwas bringen. Besserverdiener sollten jedoch 14 Euro mehr in die Hand nehmen und gleich beim Original essen gehen.

Vergangenen Samstag waren wir in der Graefestr. und die liegt – nomen est omen – im Graefekiez. Da gibt es ein italienisches Restaurant, das Gasthaus Zur Guten Gabel, wie der Name des Restaurants auf deutsch heißt. Das Konzept ist ebenso einfach wie genial: Es gibt nur ein Menü mit sieben Gänge, dazu Wasser und Wein soviel man will (und kann) und zum Abschluss einen Espresso und einen Digestif. Sonst gibt’s nichts, auch nicht gegen Bezahlung. Dafür zahlt man einen Festpreis (37 Euro). Beim Wein darf man natürlich keine Klasse erwarten, sondern nur Masse (leichter italienischer Landwein – durchaus genießbar). Beim Essen fehlte leider beides. Die einzelnen Gänge waren winzig. Das fällt zunächst nicht auf, weil für jeden Tisch jeweils eine Schüssel oder ein Teller gebracht wird. Verteilt man das auf die Personen am Tisch, landet man mengenmäßig bei einem mittleren Gruß aus der Küche. Und dies ist nicht die Sicht eines Teutonen, der jeden Grillteller beim Griechen locker wegputzt.

Großartig war das frische Brot mit Rosmarin und die Antipasti waren ok. Das Häppchen Kartoffelprüee-Auflauf schmeckte auch, war aber kalt, das Auberginen-Ratatouille war nichts Besonderes. Bei den Bandnudeln mit Steinpilzen wurde nicht gegeizt – mit dem künstlichen Pulver, mit dem das angerührt wurde. Bei den kurzen Nudeln mit Bohnen soll laut Beschreibung auch noch Speck dabei gewesen sein. Ich habe den nicht gefunden. Vielleicht war mein Blick aber auch schon getrübt, denn die Weinversorgung klappte vorzüglich. Der ganze Service war übrigens nett und freundlich. Das hilft aber nicht, wenn die Spieße mit Balsamicosauce aus zähem Schweinefleisch und mit einer süßlichen Pampe überzogen sind. Der Nachtisch sollte Feigenkuchen sein, Format war Fingerfood. Espresso war gut. Einen Digestif hätte es nicht gebraucht, denn es gab ja nichts, was schwer im Magen lag und Unterstützung bei der Verdauung gebraucht hätte.

Die Alternative (das Original) ist die Hosteria del Monte Croce (Luckenwalderstr.). Da ist es etwas teurer (51 Euro), dafür wird man satt und die Küche kann richtig was. Aber da war ich ja diesmal nicht und deshalb schreibe ich dazu diesmal auch nichts.

Wen dieser Beitrag nicht ausreichend abgeschreckt hat, sollte am Wochenende auf jeden Fall reservieren. Im Internet unter http://www.hostaria-berlin.de/

Fazit: Das Konzept ist gut, aber wer glaubt, sieben Gänge machen satt und zufrieden, wird hier bitter enttäuscht.












Donnerstag, 13. Oktober 2011

Taverna To Koutouki – ganz ohne Säulen

Mit den griechischen Restaurants ist es ja so eine Sache. Man muss sie eigentlich in zwei Gruppen einteilen. Es gibt den griechischen Griechen und es gibt den deutschen Griechen. Der deutsche Grieche zeichnet sich durch Fleischberge mit Pommes und/oder Djuvec-Reis aus und die Vitamine kommen aus dazu gereichtem Krautsalat, der mit maximal einer Olive und einer Scheibe Gurke gepimpt wird. Fürs Hellas-Feeling gibt es Säulen und Statuen. Damit mich keiner falsch versteht: Manchmal brauche ich das (also das Essen, nicht die Deko), aber meistens sind mir griechische Griechen lieber. Da gibt es dann Dinge zu essen, die man auch in Griechenland findet. Der griechischste Grieche ist sicherlich das Ousies (Grunewaldstr.). Da war ich aber nicht, deshalb schreibe ich dazu auch nichts. Mich hat es nach Kreuzberg an den Kottbusser Damm verschlagen, die Trennlinie zwischen dem angesagten Graefekiez auf der einen Seite und dem hippen Kreuzkölln auf der anderen. Wer diese Entwicklung nicht mag, wird sagen, dass die Welt am Kottbusser Damm noch in Ordnung ist.

Deswegen passt die Taverna eigentlich auch nicht an diese Straße, denn sie ist ein echter Tipp, um lecker in Berlin zu essen. Den griechischer Grieche Faktor liegt bei 80 %. Aber der Reihe nach. Wir haben im freundlichen Gastraum mit Dielenfussboden und Stofftischdecken gesessen und es uns gut gehen lassen. Keine Säulen, keine Statuen, nur ein paar gemalte Bilder mit griechischen Motiven, aber auf jeden Fall geschmackvoll. Der Ouzo (aufs Haus vorab) kam auf Eis in einer kleinen Messingkanne. Absolut undeutsch. Genauso wie die Auswahl an kleinen "Schweineren" – kalt und warm. Wo es sich beim deutschen Griechen oft auf den Zaziki beschränkt, gab es hier eine Auswahl ganz unterschiedlicher Sachen. Wir haben Taramas gegessen, eine Fischrogencreme, außerdem eine Schafskäsecreme und gefüllte Blätterteigtaschen. Alles lecker und in guter Qualität. Als Hauptgerichte gab es dann eine Fischplatte für die Dame und einen anständigen Grillteller für mich. Fisch war gut und reichlich und der Grillteller dem teutonischen Hunger angemessen. Sehr deutsch war auch der mitgelieferte Schlag Zaziki, in dem ich Souvlaki, Gyros, Bifteki und Co. vor dem Verzehr noch einmal schön dippen konnte. Lecker. So will man(n) es haben. Und Frau war mit Tintenfisch und Co. auch sehr zufrieden. Absolut griechisch: Nicht nur Pommes. Die Beilage war frei wählbar und wir haben uns für Backkartoffeln bzw. Reisnudeln entschieden. Der Salat bestand nicht nur aus Kraut, sondern hatte z.B. auch Rucola.

Solche Restaurantbesuche gehen nur am Wochenende. Am morgen danach hätte ich mir unter Geruchsgesichtspunkten nicht begegnen wollen.

Der Nachtisch war vollkommen unnötig, denn wir waren satt. Aber diese Lust auf etwas Süßes... Es fand sich eine Nachspeise, die ich noch nicht kannte: Ravani, ein Grießkuchen mit einem Sirup überzogen. Die Portion reichte locker für zwei. Wunderbar saftig und lieber vom Fleisch oder Fisch etwas einpacken lassen, um das noch zu probieren.

Und sonst: Typischer Wein zum fairen Preis (ein Viertel für 3,50), netter und aufmerksamer Service und am Ende standen 55 Euro auf der Rechnung. Das ist für das, was geboten wurde, ein sehr fairer Preis.

Fazit: Mein erster, aber sicherlich nicht mein letzter Besuch. Wer Lust hat auf Grieche, satt, aber nicht arm werden möchte, sollte am Kottbusser Damm halt machen. Man ist auch schnell wieder weg, denn die U 8 (Schönleinstr.) hält fast vor der Tür.


Montag, 3. Oktober 2011

Le Provençal: Südfrankreich im Touri-Kiez

Das Nicolaiviertel ist Platte in ihrer schönsten Form und gehört zu den Ecken, die Berlinbesucher schon lange entdeckt hatten, bevor sie sich Kieze wie z.B. Kreuzberg vorgenommen haben. Was kann man in einem solchen Hotspot an Kulinarischem erwarten? Traditional German Food, Alt Berliner Gaststuben, Pizza und ein Chinese. Die Hoffnungen werden nicht enttäuscht. Und es gibt das „le Provençal“ und damit rechnet man nicht. In Spreelage gibt es ein richtiges französisches Restaurant.

Kein Edelladen, sondern mit hellen Holztischen, aber Stoffservietten und einiger Dekoration, die ein bisschen nach Südfrankreich aussieht. Nimmt man die Deko raus, ginge auch Berliner Gaststube. Dann müsste man die Tische allerdings noch dunkel beizen. Der Service versuchte sich gar nicht erst mit französischen Akzent, sondern berlinerte deutlich, war aber trotzdem (darf man das so schreiben?) freundlich. Zwar konnte die Reservierung nicht gefunden werden, und die fünf Essen kamen nicht gleichzeitig. Aber das war es auch schon.

Die Karte enthält viele Klassiker, aufgeteilt in eine Saison- und eine Ganzjahreskarte. Als Vorspeise hatte ich einen knackigen Salat mit gratiniertem Thymian-Ziegenkäse auf Baguettescheiben. Die Kollegen hatten Schnecken oder eine Fischsuppe mit Rouille und Käse. Geschmeckt hat es allen – und ein Kreis von Verbandsjuristen weiß, was gut ist. Auch als Hauptspeisen gab es Klassiker, die insgesamt Zufriedenheit auslösten: Lammkotelettes, Entenbrust oder – bei mir das Entrecôtes mit Frites und einem kleinen Salat. Geschmacklich sehr gut, aber es war ein Kampf, das Stück Fleisch in Stücke zu kriegen, was zu 50 % am Messer lag und zu 50 % an der Tatsache, dass es doch eher durchgebraten als „saignant“ (= medium rare) war.

Fehlen noch ein paar Worte zum Flüssigen: Wir haben mit Crémant von der Loire angestoßen, der gut gekühlt serviert wurde. Die richtige Wahl. Übertroffen wurde sie vom Wein: Ein Südfranzose aus dem Corbières (Château du Grand Caumont), der mit 25 Euro auf der Karte steht. Ein richtig guter Rotwein, trocken, rund und ein bisschen fruchtig. Für diesen Preis sensationell. Das sonstige Preisniveau ist für die Lage und das, was geboten wird, angemessen. Hauptgerichte kosten z.B. um 20 Euro. Wenn ich nicht geschäftlich da gewesen wäre, wäre ich bei einer weiteren Flasche Wein versackt und hätte auch noch das Lavendeleis als Nachtisch gegessen. Ich kenne es von einem früheren Besuch. Die Idee habe ich für meine eigene Küche übernommen. Unbedingt versuchen. Im „le Provençal“ gibt es das Eis in der Waffel. Ich esse bei mir dazu einen süßen Crêpe.

Fazit: Solider Franzose, den man im Nicolaiviertel nicht erwartet. Bestimmt mal wieder und dann auch wieder mit Eis.