Dienstag, 7. August 2012

Roter Jäger: Lohnt sich mehr als Sterneküche…

… für den Restaurant-Chef -  in dessen Portemonnaie. Ich gehöre zu den bekennenden Fans von Christian Rachs Fernsehsendungen. Damals Teufels Küche, Restaurant-Tester sowieso und auch die Restaurant-Schule ist eine nette Idee. Da lag es nahe, auch mal den Roten Jäger zu besuchen, wo die zweite Staffel spielte. Der Eindruck ist gemischt.

Ich habe innerhalb von sehr kurzer Zeit zweimal da. Einmal mit der Mutter „vom tollsten Kind der Welt“, die mich schon ins „La Raclette“ begleitet hatte (sie findet jeweils den Inhaber attraktiv) und natürlich mit der Prinzessin.

Wer die Sendungen von Rach kennt, kennt sein Rezept, auch die hinterletzte Speisegaststätte auf Vordermann zu bringen: Nette Optik und einfache (Koch)rezepte, die was hermachen, aber keine Höchstleistungen in der Küche erfordern. So läuft das auch im Roten Jäger. Es gibt drei Menüs mit Fisch und Fleisch und vegetarisch. Ich habe beide mit Tier probiert. Man kann sie als drei oder vier Gänge Menü bestellen. Ich hatte jeweils drei. Das kostet dann knapp unter 30 Euro. Man bekommt in der Fleischvariante einen Salat (gepimpt mit Kürbiskernen und Croûtons) mit drei Stückchen kurzgebratenem Fleisch, die aufgespießt sind. Und die Spieße stecken senkrecht in einem Holzbrett. Schmeckt gut und ist lustig anzusehen. Kann ich aber auch selbst kochen, ohne mich zu verausgaben. Beim Fischmenü gab es Salat mit hausgebeiztem Lachs. Schmeckt auch gut. Habe ich kein Rezept für, könnte ich aber auch.

Die Hauptspeise nennt sich Schnitzel, ist aber ein Rumpsteak, das aufgeschnitten wird. Meins war anständig gebraten, als ich mit der Nichtprinzessin da war, schmeckte es wie gekochte hohe Rippe. Fisch war Zander. Dazu jeweils ein Paar Wedge Potatoes und ein Sour Cream mit grünem Pfeffer. Alternativ war ein Stück gebratener Zander. Alles ok, aber portionsmäßig sehr übersichtlich. Auf dem Niveau ist auch der (normal reichliche) Nachtisch: warmer Schokokuchen bzw. Erdbeeren mit Eis.

Der Service ist erstaunlich gut (wenn auch die Zahl der „Fernsehstars“ überschaubar war). Da hat Rach seine junge Mannschaft im Griff. Serviert wird von rechts. Es gibt die Frage, ob alles in Ordnung usw. Mein vergessenes Bier fällt kaum ins Gewicht. Insgesamt passt das Serviceniveau nicht zum Essen.

Das Vorstehende schreit nicht unbedingt danach, den Roten Jäger zu besuchen. Das abwechslungsreiche Brot ändert daran nichts. Das bleibt einem nämlich im Halse stecken, wenn man den günstigen Wein für 3 Euro/0,1 l probiert.  Das ist für den gebotenen Geschmack eine Unverschämtheit. Bier ist auch teuer (0,5 l für 4,20 Euro). Herr Rach hat da offensichtlich nicht nur die Idee aus Hamburg importiert, sondern auch die Preise und denkt bei der Kalkulation an sein mittlerweile geschlossenes Tafelhaus (das war sein Sterne-Tempel). Die Preise sind wohl notwendig, um die beiden schicken Häuser, die für den Roten Jäger zusammengelegt wurden, zu refinanzieren.  Und so voll wie es jeweils war, wird das schnell gelingen. Man kann online reservieren – und bekommt dann ein Zeitfenster von zwei Stunden genehmigt. Dafür bekommt man ein ganz gemütliches Ambiente, das ein bisschen berlintrashig, aber auch modern ist, bei eng stehenden Tischen. Das Publikum ist eine bunte Mischung aus Berlinern und Touris. Und so mancher sieht aus, als ob er endlich mal beim Sternekoch essen wollte, aber dafür eigentlich keine Kohle hat. Das gelingt, aber mit Sterneküche hat das einfach gar nichts zu tun. Wenn einen am Gendarmenmarkt der Hunger packt: Lieber ein Schnitzel bei Luther&Wegner oder Thai im Good Times (Hausvogteiplatz).

Fazit: (Ein)Mal hingehen, um zu sagen, dass man da war. Keinen Wein trinken. Das 2-Stunden-Zeitfenster ist ausreichend.

Im Internet unter http://www.roterjaeger.de/

Sonntag, 5. August 2012

Ming Dynastie: Qualle statt süß-sauer

Jahrzehnte habe ich eine tiefe Abneigung gegen chinesisches Essen gehabt. Der Grund liegt in der Kindheit. Da gab es eine China-Restaurant, das viel Auswahl an pampigen Gemüse in undefinierbaren und meist süßlichen Saucen hatte. Das ist überwunden und auch die Ming Dynastie hat dazu beigetragen.

Das Restaurant liegt quasi im Schatten der chinesischen Botschaft an der Jannowitzbrücke, direkt an der Spree. Bei schönem Wetter kann man draußen am Fluss sitzen. Optisch macht das Ganze nicht viel her. Das Restaurant hat sich im Jannowitz-Center eingemietet, der vielleicht leerstehendsten Büroimmobilie in Mitte, und von innen ist die Ming-Dynastie sowas von typisch China-Restaurant, dass ich mich an meine Jugend erinnert fühlte. Aber die Chinesen würden wohl keine Glutamatbude in unmittelbarer Nachbarschaft der Botschaft dulden. Und tatsächlich: Das Essen ist richtig gut. Es finden sich die typischen Chinagerichte auf der Karte, aber auch durchaus ungewöhnliche Kreationen – jedenfalls für europäische Gaumen.
In Begleitung meiner Prinzessin stürzten wir uns ins Abenteuer. Die Hühnerfüße haben wir dann doch lieber den zahlreichen Asiaten überlassen, die dort immer anzutreffen sind. Ungefragt wurden wir vom freundlichen Service kompetent beraten. Die Fischmagensuppe sollten wir nicht bestellen, da die nur teuer sei, aber nicht nach viel schmecke und die Chinesen sie nur essen würden, weil sie teuer sei. Ich bestelle deshalb die Rinderinnereien in einer superscharfen Chilisauce und die Prinzessin bestellt sich einen Quallensalat, der angenehm glibrig war, aber „super geschmeckt“ hat (Vorspeisen rund 8 Euro). Beim Hauptgang waren wir dann nicht mehr ganz so mutig, aber trotzdem war es untypisch und gut: Ich hatte zartes Lammfleisch, das kräftig mit Kreuzkümmel gewürzt war und mit frischem Koriander serviert wurde und die Prinzessin hatte einen Tontopf voll mit Meeresfrüchten und Tofu (Hauptspeisen rund 15 Euro). Und schon wieder Begeisterung. Alles schmeckt frisch und hat einen differenzierten Geschmack. Der ist weit weg vom Einheitsgeschmack vom China-Express an der Ecke. Dies wurde nur durch das Glas chinesischen Rotwein getrübt, der nahezu untrinkbar war (Finger weg.). Beim nächsten Mal gibt wieder ein Tsingtao Bier.

Fazit: Chinaessen, wie ich es besser noch nicht gegessen habe.

Tipp: Am Wochenende gibt es Büffet mit „all you can eat,“ und für alle Westberliner, die sich nicht in den Osten trauen: Im Europacenter, dem schicken Einkaufstempel aus den Zeiten des Mauerbaus, findet sich eine Filiale.

Im Internet unter http://www.ming-dynastie.de/