Den Regeln des Morgenpost-Menüs entsprechend gab es fünf
Gänge inklusive Weinbegleitung für läppische 60 Euro. Da wir (die Prinzessin
und ich) durstig waren und auch nicht mit ganz schlechtem Gewissen speisen
wollten, haben wir mit einem Gläschen Prickelndem angefangen. Ich wollte schon
immer mal Pommery Rosé probieren. Schmeckt gut, aber 26,50 Euro für ein Gläschen
ist schon eine klare Ansage. Dafür hätte ich hinterher noch 1,5 zusätzliche Grappa
trinken können. Dagegen war das Mineralwasser mit 11 Euro schon fast günstig
kalkuliert.
Blendet man Ambiente und Getränkepreise aus, ist von einem
faszinierenden Essenserlebnis zu berichten. Das war mit das Beste, was ich je
zum Munde führen durfte. Es folgten fünf Geschmackserlebnisse und jeder Gang
für sich war optisch ein wunderschönes Kunstwerk, fast zu schade, um es einfach
aufzuessen. Schon der Gruß aus der Küche
– dreierlei vom Stör – war eine Wucht und auf diesem Niveau ging es weiter:
Brunnenkressesuppe mit Hummertartar; Makrele mit Gänseleber, Taube mit
Schokosauce oder Sauerampfereis. Immer fanden sich mindestens ein halbes
Dutzend unterschiedliche Bestandteile auf den Tellern. Ganz großes Kino und
alles Dinge, die sich auch auf der regulären Karte befinden. Die dazu
gereichten Weine standen dem Essen in nichts nach. Die passten hervorragend und
waren von bester Qualität. Da gab es zum Beispiel einen Loire-Wein aus
2004 oder einen Burgunder aus 1999. Aber
serviert wurde auch ein 2011er aus der Pfalz zum Spargelgang ganz am Anfang, einen
Douro aus Portugal und ein trockener Sekt aus Italien, der den Nachtisch
begleitete. Da wird das große Kino zum 3D-360° Erlebnis. Kaum erwähnenswert
ist, dass auch das Brot nicht einfach Brot ist, sondern kleinste warme Brötchen
in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen. Es gibt jedoch einen Wehmutstropfen:
Die Portionen waren so winzig, dass der eigentliche Zweck der Nahrungsaufnahme,
den Hunger zu stillen, komplett verfehlt wurde. Da auch kein Brot nachgereicht
wurde, konnte auch dieses beliebte Mittel nicht zur Sättigung herangezogen
werden. Prinzessin hat dann noch eine heiße Schokolade bekommen – serviert mit
immerhin vier Sorten Zucker und 9 (!) unterschiedlichen Pralinen. Wenigstens ihr
Magen knurrte danach nicht mehr.
Fehlt noch der Service, der natürlich absolut professionell
und freundlich agierte. Da ich aus Mitte komme, hatte ich keinen Anzug an und
auch auf die Nennung irgendwelcher akademischen Abschlüsse bei der Reservierung
verzichtet. Böser Fehler. Das Personal sah sich deshalb dazu veranlasst, extra
locker zu sein. Bei der Frage nach der Toilette, bekam ich die Antwort, dass
dafür 50 Cent berechnet würden. Lustig. Optisch (in jeder Hinsicht) bin ich
halt nicht Zielgruppe.
Der letzte Höhepunkt folgte beim Verlassen: Die Jacken waren
vorgewärmt. Auch das habe ich so noch nicht erlebt. Die Prinzessin war
begeistert.
Fazit: Große
Küchenkunst für konservative Menschen mit unterdurchschnittlichem Hunger und
Sinn für sehr guten Wein.
Im Internet unter http://www.firstfloor.palace.de/
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