Dienstag, 24. April 2012

Fünf & Sechzig: Wenn der arme Koch wüsste,…

… was der Service so treibt. Aber der Reihe nach. Es war schon wieder Wedding, was aber nicht zur Routine werden wird. Diesmal sollte es ein richtiges Restaurant sein und das „65“, benannt nach der alten Postleitzahl des Wedding, hat das Potential, ein richtig gutes Restaurant zu werden.
Es gibt wirklich anständige Küche zu günstigen Preisen. Ich persönlich hätte gerne einen Euro mehr für das ein oder andere Gericht gezahlt, wenn damit in den Service investiert würde. Der bestand aus zwei Damen. Die eine war sehr nett und freundlich, aber unorganisiert und überfordert. Die andere berlinerte und verhielt sich auch so. Es fing schon damit an, dass im vorderen Teil des Restaurants für den Brunch am Sonntag aufgebaut wurde. Das war laut und störte das eigentlich sehr schöne und geschmackvolle Ambiente des „65“. Da sitzt man gut, sowohl als Pärchen für einen schönen Abend zu zweit als auch als Familie, die zu Mamas Geburtstag mal auswärts essen möchte. Der Gastraum ist dezent beleuchtet und die Wände sind bordeauxfarben gestrichen.
Kommen wir zum wirklich Wesentlichen – dem Essen. Das bewegte sich auf erstaunlich hohem Niveau, und Preis-Leistung ist unschlagbar, auch was die Portionen angeht. Los ging es mit gebackenem Ziegenkäse mit Feigenchutney bzw. einem Couscous-Strudel (7 bzw. 5 Euro). Danach genoss meine Prinzessin einen Salat mit Geflügelleber. Sie stellte fest, dass ihr zwar Leberpastete gut schmeckt, aber gebratene Geflügelleber nicht so. Mein Glück, denn so bekam ich einige der perfekt gebratenen Stücke. Ich vergnügte mich außerdem mit einer Kaninchenkeule (11,50 Euro) von der Wochenkarte. Auch die war gut, kam aber aus geschilderten Gründen nicht mehr ganz heiß auf den Tisch, weil sie eine ganze Zeit am Küchenausgang stand.
Gut auch die Weine. Ein Grauer Burgunder und ein Cabernet Sauvignon für ca. 4,50 Euro deuten geschmacklich darauf hin, dass der Koch sie ausgesucht hat – und nicht der Service.
Als Kompensation für die Leber bekam die Prinzessin zum Nachtisch ein Mohn-Marzipan-Parfait – es schmeckte so gut, wie klingt – zum Niederknien.
Am Ende standen 50 Euro auf der Rechnung. Ich bin mit gemischten Gefühlen gegangen. Selten hat die Bedienung eine ansonsten wirklich gute Leistung so runtergerissen. Vermutlich werde ich das nächste Mal zum Sonntagsbrunch gehen und mich in Selbstbedienung über die Leistung der Küche freuen.
Fazit: Wer bei schönem Ambiente, guter Küche und tollen Preisen über eine nicht passende Serviceleistung hinwegsehen kann, wird sich sehr wohl fühlen.

Im Internet zu finden unter: http://www.berlin65.de/

Dienstag, 17. April 2012

Entrecôte: 50 Meter machen den Unterschied

Seit mittlerweile 13 Jahren gibt es das französische Restaurant Entrecôte. Es hat sich etabliert und damit war eigentlich kaum zu rechnen, denn es befindet sich in einer Region von Mitte, die touristischer ist als Brandenburger Tor und Kollwitzplatz zusammen: In der Schützenstraße ganz nahe beim Checkpoint Charly. Da man sich im Entrecôte aber nicht mit Leuten in albernen Uniformen fotografieren lassen kann, bekommt man vom Rummel nichts mit und kann ganz in Ruhe essen.

Das Ambiente orientiert sich an einem typischen französischen Bistro, aber in einer edlen Variante. Viel Holz, weiße Tischdecken und Servierten sowie eine perfekte Beleuchtung sorgen für die richtige Mischung aus Business und gemütlich.

Ich war zur Mittagszeit mit meinem Chef und zwei weiteren Verbandsvertretern da, um uns über dies und das zu unterhalten, womit wir alle gängigen Klischees über Verbandsarbeit erfüllt haben – alle bis auf eins: Wir sind nüchtern geblieben, weshalb zu den Getränken wenig zu sagen ist. Das Perrier war gut. Die Weine sollen aber nicht so dolle sein, sagte einer der Verbandskollegen aus dem anderen Verband, der dort öfter hingeht (im Folgenden: der Stammgast). Gegessen haben wir als Vorspeise alle eine Suppe. Während der Stammgast auf die Fischsuppe schwört (die auch wirklich sehr gut aussah), habe ich mich an der gratinierten Zwiebelsuppe versucht. Die war lecker und es hätte mich auch sehr gewundert, wenn dieser Klassiker in diesem Ambiente misslungen wäre. Die Suppen stehen mit rund 7 Euro auf der Rechnung, es gibt aber auch ein günstiges Plat du Jour. Irgendwie konnte sich aber von uns keiner dafür erwärmen. Wir haben stattdessen alle das kleine Steak mit dünnen Pommes und Salat genossen. Es kostet so um die 15 Euro und ist groß genug, um mit der Suppe einen durchschnittlichen Mittagshunger zu stillen. Der Geschmack von allen drei Komponenten ließ keine Wünsche offen. Lecker! Meckern kann man über die Tatsache, dass der Salat mit auf dem Teller liegt und dies die Temperatur wechselseitig negativ beeinflusst. Ob dies der Grund war, warum der Stammgast statt eines Medium-Steaks eines bekam was zu kalt und zu blutig war? Jedenfalls wurde dieser Fehler umgehend und schnell behoben.

Und sonst: Ein dickes Lob für den Espresso, denn der war so heiß, wie man es selten erlebt. Und ein normales Lob für den Service, der freundlich und zügig war, mit seinen Wollpullundern aber optisch nicht so recht reinpasste. Das Zwiebelsuppenfußbad hat mich nur bedingt gestört, denn das bekam der Mitarbeiter vom Stammgast serviert. Meine Suppe stand trocken.


Fazit: Très französisch und perfekt für Business Lunch auf etwas gehobenem Niveau.


Im Internet unter: http://www.entrecote.de/

Montag, 9. April 2012

Lochner am Lützowplatz: Gutes Essen – unaufgeregt

Der erste Gedanke war, das Restaurant in der Überschrift als den „Anti-Grill Royal“ zu bezeichnen. Das hätte aber den falschen Eindruck erweckt, dass im Lochner mit billigen Zutaten gekocht wird, was nicht stimmt. Es passt aber hinsichtlich des In-Faktors. Ins Lochner sollte man gehen, wenn man richtig gut essen möchte und bereit ist, dafür ein paar Euros zu bezahlen, ohne eine unfaire Rechnung zu bekommen. Ein Glas Vaux-Sekt wird z.B. mit 6,80 Euro berechnet und die Flasche Wasser liegt bei 7 Euro. Stylisches Mitte-Flair sucht man hier vergebens.

Wir waren zum Morgenpostmenü da, was uns wieder einmal fünf Gänge für 60 Euro bescherte. Die Küche bewegt sich irgendwo zwischen deutsch, französisch und Mittelmeer und ist ein echter Genuss. Es ging los mit Lachs, Lardo (eigentlich reines Fett, aber in der Kombination hat es sogar meiner begleitenden Prinzessin vorzüglich gemundet) und Parmesan. Es folgte eine Bärlauchsuppe mit Garnelen und beide Gänge haben prima geschmeckt. Begleitet wurden die beiden Gänge von einem Weiß- und dann einem Grauburgunder, und ich habe selten erlebt, dass die Weine so gut zu den Gängen passten wie an diesem Abend. Vielleicht liegt es daran, dass die Inhaber verheiratet sind und deshalb seine Küche so gut zu ihrer Weinauswahl passt (bzw. umgekehrt). Der dritte Gang waren gefüllte Gänseleberravioli mit Spitzkohl auf Ochsenbackensoße. Hier habe ich den einzigen Meckern-auf-hohem-Niveau-Punkt: Der Spitzkohl war karamellisiert und hat die Gänsestopfleber in der Ravioli leider erschlagen. Ohne Tadel war hingegen der gebratene Kalbstafelspitz auf grünem Erbsenpüree und auch der Nachtisch, eine Schokoladencreme mit Banane und Cashewkernen bleibt in guter Erinnerung, was auch am Morio Muskat liegt, der dazu serviert wurde. Insgesamt gut gemachte und solide Küche, ohne Chichi und irgendwelche durchgeknallten „Asien-trifft-Bayern-Küche -und-das alles-im-Molekularstyle“- Experimente. Ins Bild passt der aufmerksame, freundliche und absolut professionelle Service, dem seine Arbeit sichtbar Spaß gemacht hat, und ein Ambiente, in dem warme Töne überwiegen. Leider war es etwas laut, da der Fliesenboden den Schall nur unzureichend schluckt. Selbstverständlich gab es vorab Brot und Aufstrich und eine Toilette ohne Klofrau, die die Hand aufhält. Im Lochner wird der Gast wie ein Gast behandelt.

Fazit: Das Lochner steht auf der Liste für einen erneuten Besuch. Entweder für ein entspanntes Geschäftsessen oder privat, wenn Mama und Papa mal wieder nach Berlin kommen, denn die wollen keine Experimente und können auf Szene verzichten.

Im Internet zu finden unter http://www.lochner-restaurant.de