Montag, 19. März 2012

Schraders: Gutes Wedding, schlechtes Wedding

Der Wedding kommt. Und das schon seit Jahren. Aber irgendwie kommt er nicht an. Aber jetzt macht der Flughafen Tegel zu. Und dann wird es leiser und dann kommt der Wedding – mal wieder oder immer noch. Stand so in der Zeitung. Irgendwann wird das auch tatsächlich passieren, denn Mitte ist nicht weit und der Prenzlauer Berg auch nicht. Aber es ist definitiv noch nicht so weit. Wer sich davon überzeugen möchte, dem sei der Besuch des Schraders mit der U 6 empfohlen, Bahnhof  Seestraße und dann durch die Amsterdamer Str. Spielhallen, Nagelstudios, etc… Aber dann kommt man an die Malpalquestr.  und am Eck ist das Schraders und das war schon da, als noch niemand die Idee hatte, dass der Wedding kommt. Und wer zehn Jahre bleibt, der hat was zu bieten.

Das Scharders ist eine Kneipe mit wirklich guter Küche. Es selbst will sich in keine Schublade stecken und bezeichnet sich als Café, Bar, Lounge und Restaurant. Wohnzimmer würde auch passen.  Drinnen ist es super-gemütlich, aber keinesfalls stylisch und man trifft auf ganz normale Leute von 25 bis Mitte 40 und die haben keinen Migrationshintergrund. Dieses Phänomen findet man so auch in Kreuzberg, ganz egal, wie alternativ der Laden ist. Ein Sozialwissenschaftler kann das bestimmt erklären. Ich bleibe lieber beim Essen. Man kann den ganzen Tag hingehen, ab 10 Uhr ist geöffnet. Mit den Tageszeiten ändern sich die Karten, erst mit der Nachtkarte ab 23 Uhr ist Schluss. Wir waren am frühen Abend da und haben mit Glück einen Platz ohne Reservierung gefunden. Der Cocktail kostet zur dieser Happy Hour 4,60 Euro, was fair ist. Ein gut trinkbarer Rioja ist für 4 Euro/0,2l zu haben. Gutes Wedding. Die Karte bietet gute Kneipenküche mit einigen Tapas und verschiedenen Burgern. Mein Mexican Burger kam mit leckeren Kartoffelecken und Sour Creme. Sehr gutes Wedding. Die dazu gereichten Tortillachips sind eine nette Idee, aber passen eigentlich nicht richtig zum saftigen Burger. Meine Prinzessin (sie möchte nicht mehr „charmante Begleiterin“ genannt werden) hatte einen Salat „Singapur“ mit Garnelen und zwei Hähnchenspießen. Die Begeisterung war auch hier groß. Kombiniert mit sehr freundlichem Service, der aber manchmal ein ganz bisschen zügiger sein könnte, war es ein rundum gelungener Aufenthalt. Da war ich nicht zum letzten Mal. Das Schraders ist ein Grund in den Wedding zu kommen. Wenn der schon nicht kommt.

Fazit: Eine in jeder Hinsicht zu empfehlende Adresse für Kneipenküche, allerdings oder auch gerade weil in einem etwas schwierigen Umfeld.

Im Internet zu finden unter http://schraders-berlin.de/

Sonntag, 11. März 2012

Grill Royal: Bodega der noblen Ware und der noblen Preise

Der Grill Royal wird ja seit seiner Eröffnung 2007 fürchterlich gehypt. Da wurde es Zeit, das Epizentrum der schicken Mittekultur einmal selbst in Augenschein zu nehmen. Im Grill Royal wird man sich unter drei Bedingungen sehr wohl fühlen: 1. Geld darf keine große Rolle spielen, 2. Man erwartet für sein vieles Geld gutes Essen, aber keine kulinarisch-kreativen Höhenflüge, 3. Man mag die Gemütlichkeit spanischer Tapas-Bars.

Starten wir die Betrachtung mal mit den ersten beiden Punkten: Der Schwerpunkt der Karte liegt auf Steaks aus den verschiedensten Ecken dieser Welt. Für das Stück Fleisch als solches muss man mindestens 30 Euro rechnen, man findet aber auch Stücke für 90 Euro auf der Karte. Man bekommt dafür ein perfekt gebratenes Stück Fleisch und mein „billiges“ Stück US-Entrecôte der 30 Euro Klasse schmeckte ganz großartig. Jede Beilage geht extra (4 Euro) und wird in kleinen Schälchen nebenbei serviert. Und dieser Betrag wird auch fällig, wenn man nur einen Schnitz Kräuterbutter möchte. Braucht man aber nicht, weil das Fleisch schon alleine gut schmeckt. Vor dem Fleisch hatten wir uns die große Platte mit Meeresfrüchten gegönnt. Da stand dann zwar eine eins vorne beim Preis, aber die Portion und die Qualität ließen keine Wünsche offen: Austern, Jakobsmuscheln, Hummer, roher Thunfisch, Crevetten…. Sehr frisch und das Ganze auf einer Drei-Etagen-Platte serviert. Zum Niederknien.

Ausführungen zu tollem Brot mit leckeren Dipps vorneweg oder gar zu einem Gruß aus der Küche müssen leider unterbleiben. So etwas gibt es im Grill Royal nicht. Da wird offensichtlich der Gewinn maximiert, und auch für den Gang zur Toilette hält die Klofrau ein Tellerchen bereit, wo man sein Geld loswerden soll. Die Weinkarte bietet im Vergleich zum Essen bezahlbare Tropfen an (ab ca. 30 Euro) – aber natürlich geht auch richtig teuer. Der weiße Bordeaux (40 Euro) zur Vorspeise ist zu empfehlen, zum Steak gab es einen Südfranzosen, der etwas teurer war, aber ebenfalls überzeugte.

Hier bietet sich der elegante Übergang zu Punkt 3 an: Der Weißwein wurde vom freundlichen Personal nachgeschenkt. Beim Rotwein stand dann die Flasche auf unserem Tisch zur Selbstbedienung, denn mittlerweile war der Grill Royal gerammelt voll, was man unter der Woche bei diesem Riesenladen eigentlich nicht erwartet. Es mag daran gelegen haben, dass die Tourismusbörse ITB in der Stadt war, oder einfach nur am guten Marketing der Inhaber. Mit der Fülle stieg der Lärmpegel auf ein fast unerträgliches Niveau. Nebenan hatte eine Gruppe Spanier einen Tisch für sechs reserviert. Es kamen erst acht und dann gefühlte 20, die im Gang standen und laut palaverten. Das mittlerweile überforderte Personal hat dann irgendwo sonst einen großen Tisch zusammengebaut, so dass sich der Lärmpegel wieder auf spanisches Kneipenniveau absenkte. Da fragt man sich, warum solche Horden nicht schon am Eingang abgefangen werden. Unsere Tischnachbarn fanden das auch nicht lustig. Mit dem Paar kamen wir nämlich zwangsläufig ins Gespräch (natürlich auf Englisch – deutsch sprach eine Minderheit der Gäste), denn sie saßen so nah, dass ihr Tisch an unseren rangerückt werden musste, damit der Mann auf seinen Platz auf der Bank gelangen konnte. Als die beiden gingen, wurde der Tisch sofort erneut besetzt. Ein gar nicht schöner Mann mit einer fantastisch aussehenden Begleiterin nahm Platz. Sie hatte den stark osteuropäischen Akzent, er offensichtlich das Geld. Auch das passt irgendwie in den Grill Royal.

Fazit: Die Warenqualität ist hervorragend. Aber für das gleiche Geld bekommt man in Berlin auch Sterneküche in gediegenem Ambiente. Aber dann kennt vielleicht nicht jeder, dem man berichtet, den Namen des Restaurants.

Im Internet zu finden unter http://grillroyal.com/

Sonntag, 4. März 2012

Schlesisch blau: Kreuzberg von seiner guten alten Seite

Der Wandel in Kreuzberg macht vor der Gastronomie nicht halt. Und man mag annehmen, dass es am Schlesischen Tor, das zu den Lieblingsorten der Easy Jet Set-Touristen gehört, nichts mehr zu essen gibt, was jenseits von Fast Food und billig liegt. Aber weit gefehlt. Es gibt am Anfang der Köpenicker das Schlesisch Blau. Das ist preiswert (billig könnte man auch schreiben, aber das klingt zu billig) und gut. Aber gar nicht schick – also eigentlich das totale Gegenteil vom Sage Restaurant, von dem ich kürzlich berichtet habe. Es handelt sich um einen einzigen Raum mit alten Holzmöbeln und Holzfußboden. Über der Theke hängen eine alte Martini-Neonwerbung und Glasleuchten, die heute als Retrochic verkauft werden. Sie hängen wahrscheinlich schon viele Jahre an ihrem Platz und geben gemütliches Licht ab. Die Gäste sind angenehm langweilig normal.


Wer das erleben möchte, sollte unbedingt reservieren (030-69 81 45 38). Versorgt wird der Gast mit einem feststehenden Menü, das vier Gänge hat (17 Euro). Früher war sonntags geschlossen. Jetzt gibt es sechs Gänge und die hatten wir bei unserem Besuch. Kostenpunkt: 25 Euro inklusive Livemusik (dazu unten mehr). Den ersten Gang gibt es in Selbstbedienung. Ein großer dampfender Topf leckerer Suppe (bei uns Kartoffel-Meerrettich) steht auf einem holzbefeuerten Ofen. Dann folgt Salat, der in Schüsseln an die Tische kommt. Den darf man sich dann mit zahlreichen Essigvariationen (z.B. Kräuter, Himbeer, Heidelbeer) nach Geschmack „pimpen“. Außerdem gab es noch geschmorte Kalbshaxe und ein Stück Rinderzunge auf Kartoffelsalat. Nachtisch war ein Stück Kuchen. Das schmeckt alles richtig gut, aber Gourmetküche darf man natürlich nicht erwarten. Die Leistung ist für den Preis sensationell. Die Küche ist französisch und ein bisschen deutsch ausgerichtet. Aus diesen Ländern stammen auch die Weine, deren Qualität überzeugt (die offenen (0,2 l) für 4 Euro). Und auch der Service ist aufmerksam und sehr nett.
Aber natürlich gibt es auch etwas, was den guten Eindruck trübt. Es ist nicht wirklich gut geheizt im Schlesisch blau, aber meine charmante Begleiterin hatte eine Elektroheizung an ihrer Seite, so dass sie es aushalten konnte. Beeindruckend war die Livemusik. Die war laut, lag irgendwo zwischen Blues und Rock und passte eigentlich gar nicht in ein Restaurant. Den ersten Teil des Auftritts (nach dem 5. Gang) haben wir uns angehört, dann kam der Kuchen. Als wir den aufhatten, waren wir satt und sind gegangen.


Internet:  Es scheint keine Homepage zu geben. Würde auch nicht passen.


Fazit: Gemütlich, günstig, Kreuzberg. Aber beim nächsten Mal lieber ohne Livemusik.