Das Schlosshotel Grundwald liegt dort, wo man als „Mitte-Mensch“
nicht so häufig hinkommt: Tief im Südwesten und somit jenseits der üblichen Business-
und Touristenpfade. Das macht das Leben für das 5-Sterne-Haus nicht leicht. Wer
es allerdings sehr gediegen und edel mag und gleichzeitig auf den jüngsten
Designhype verzichten kann, wird sich wohl fühlen. Außerdem sollte Geld fürs
Taxi vorhanden sein, denn die Anbindung mit Öffis ist für Berliner Verhältnisse
eher mau.
Die Prinzessin und ich haben uns für den Besuch im Vivaldi,
dem Edel-Restaurant im Hotel, Verstärkung geholt, so dass das Testteam um eine
Bankerin und einem Axel-Springer-Business-Controller (passt zum Morgenpost-Menü) ergänzt
war. So nahmen wir an einem sehr großen runden Tisch Platz, der sich einen sehr
großen Raum mit nur wenigen anderen Tischen teilte. Ein wenig Hintergrundmusik hätte
der Saalatmosphäre gut getan, dann hätten wir uns in Gesprächs- und
Essenspausen nicht so verloren gefühlt. Der erste Höhepunkt für die Prinzessin
und die Bankerin folgte, nachdem wir uns mit Unterstützung des Stühle heranrückenden
Personals gesetzt hatten: Es wurden kleine Höckerchen gebracht, damit die
Unterseiten der Handtaschen nicht vom Edelteppich verschmutzt werden.
Als Aperitif haben wir uns einen leckeren Rieslingsekt
gegönnt (10 Euro). Die Prinzessin hat ihn mit einem Spritzer-Holundersirup
getrunken. Das Tückische daran ist, dass der die Farbe von Sekt hat, weshalb
das süße Gemisch bei mir landete. Da hatte der Service zum ersten Mal
geschlafen. Das zweite kurze Nickerchen folgte beim Gruß aus der Küche – einer gebratenen
Jacobsmuschel auf einer größeren Menge Soße. Geschmacklich ein Volltreffer war
es recht schwierig, die Soße mit der Gabel aus der Schüssel zu bekommen. Dann
ging das eigentliche Menü los und das war geschmacklich alles erste Klasse. Die
Teller mit den Speisen sahen wunderschön aus, wenn die Portionen auch eher
übersichtlich waren. Mit Brot und Butter (mit und ohne Kräuter) konnte man aber
den schlimmsten Hunger gut stillen. Der Stil passt zum Haus und zum Ambiente: Erstklassig,
aber keine hochmodernen Kreationen, sondern eher konservativ ausgerichtet.
Trotzdem kam keine Langeweile auf. Jeder Gang war für sich ein Genuss.
Die Zutaten des Menüs kamen überwiegend aus der Region:
Confit und Leber von der Brandenburger Ente als erste Vorspeise gefolgt von Schinkenröllchen
vom omnipräsenten Havelländer
Apfelschwein, die in einem Selleriesüppchen mit Petersilienkranz gereicht
wurden. Es schloss sich Stör an (der Fisch, nicht seine Eier), der von Teltower
Rübchen begleitet wurde und im Hauptgang kam Müritzlamm auf den großen Tisch.
Die Weine, aus verschiedenen europäischen Ländern passten gut. Da stört es
nicht so, dass der Franzose auf der Karte nur phonetisch halbwegs korrekt als
Longuedoc auftaucht. Entscheidend ist,
was im Glas ist. Das hätte sich der Service auch beim Mineralwasser zu Herzen
nehmen sollen. Für die sanften Damen hatten wir ein stilles Wasser geordert.
Wir Jungs hatten mit Kohlensäure. Beim dritten Wegnicken des Services bekamen
wir das Damenwässerchen. Manchmal wurde aber auch gar nichts nachgeschenkt. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Bis auf diese
Pannen arbeite der Service richtig gut und war wirklich nett. Der Nachtisch
rundete das tolle Essen ab, ein Küchlein wurde von Vanillekipferleis und einem
Portwein begleitet.
Wir haben den Abend dann in der Bar ausklingen lassen. Dort
ist es urgemütlich mit Kaminfeuer, dunklem Holz und braunem Leder. Es darf
geraucht werden, edle Zigarren stehen bereit. Ich habe einen Grappa genossen. 2
cl für 7,50 Euro waren ein guter Preis, zumal sehr gut eingeschenkt war.
FAZIT: In gediegenerem
Ambiente kann man in Berlin kaum speisen. Besonders angesprochen wird ein
älteres und eher konservatives Publikum, das gut und ohne Experimente essen möchte.
Im Internet unter http://www.schlosshotelberlin.com/de/luxus-restaurant-berlin/