Die Brasserie Desbrosses ist das Restaurant des Ritz Carlton
Hotels am Potsdamer Platz. Und Ritz Carlton kommt aus Amerika – das merkt man
frühestens, wenn man auf den farbigen Doorman trifft, und spätestens, wenn man
die Lobby betritt, denn hier ist alles pompös-überladen. Die Prinzessin findet
das gar nicht so schlecht, denn seit sie mal mit Papas Kreditkarte eine Reise
in das Land der (damit tatsächlich) unbegrenzten Möglichkeiten gemacht hat, ist
sie Fan. Papas Kreditkarte kann man übrigens auch im Curtain Club gebrauchen, der
Bar des Hotels. Dort habe ich für einen Gin Tonic (Bombay Saphire) mal 18 Euro
bezahlt. Doch nicht das ganze Ritz Carlton ist eine Bastion des guten
US-Geschmacks. Wenn man den Curtain Club rechts liegen lässt, kommt man in die
Brasserie Desbrosses. Die ist sehr klassisch französisch, denn das Interieur
wurde in einer echten Brasserie ab- und dann in Berlin wieder aufgebaut. Das
ist zwar auch ein bisschen Disney, aber gut gelungen. Dafür gibt es ein
Optik-Sternchen.
Wir haben mal wieder das Morgenpostmenü zum Anlass genommen,
um die Küche zu testen und uns Verstärkung durch einen befreundeten Rechtsanwalt
aus Franken geholt. Dem fiel gleich auf, dass die Weinkarte frankenweinfrei
ist. Später fiel ihm auf, dass er beim
Einschenken der Weine immer am wenigsten bekam. Könnte ein Touristenmalus sein,
denn die Herkunft ist nicht überhörbar. Davon abgesehen war der Service aber
freundlich und bemüht, wenn auch nicht 100 % perfekt. Eine Brasserie ist eben
kein Restaurant. Wörtlich genommen handelt es sich um eine Brauerei. Brauhausatmosphäre kam aber nur zweimal auf,
als eine größere Geburtstagsgesellschaft zweimal lautstark ein Ständchen für
den Jubilar gesungen hat.
Ich ertappe mich, dass ich viel schreibe, aber wenig zum
Essen. Das liegt auch am Essen selbst. Das hat wirklich gut geschmeckt, aber
war kein kulinarischer Höhenflug, der sich bis in alle Ewigkeit in die Synapsen
einbrennt. Zu Beginn gab es eine Jakobsmuschel mit Kürbis, Steinpilzen und
wilden Kräutern, wozu ein Schaumwein aus Rheinhessen gereicht wurde.
Geschmacklich sehr gelungen mit gut gebratenen Muscheln. Allerdings wurde
dieser Gang exakt 30 Sekunden nach dem Aperitif serviert – und musste deshalb
noch einmal in die Küche zurück. Es folgte ein Schwarzwurzel Cappucino,
wohinter sich eine Cremesuppe verbirgt, die mit einem Schaumdach versehen war.
Das war eine ordentliche Portion und geschmeckt hat es auch. Den begleitenden
Weißwein aus der Pfalz genau wie der vom
selben Weingut stammende Rote zum Hauptgericht konnte man trinken. Er steht mit
42 Euro in der Weinkarte. Am Potsdamer Platz im Ritz Carlton kostet Wein halt so
viel. Im dritten Gang steigerte sich die Küche, Ostsee Dorsch mit
Kapern-Senf-Kruste und Schmorgurken. Mittlerweile waren wir auch schon wieder
reichlich hungrig, denn es vergingen 45 Minuten, bis der Fisch den Weg aus der
Küche an unseren Tisch gefunden hatte. Die Wartezeit wurde aber durch einen
Refill des Grünen Silvaners erträglich gemacht. Das Hauptgericht, Scheiben vom
Brandenburger Hirschrücken mit Rosenkohl und Semmelknödeln war sehr gut. Die
Preiselbeermarmelade, die dekorativ als dicker Block mit auf dem Teller lag,
wäre als eigenständiges Dessert durchgegangen. Die Prinzessin war begeistert.
Das Dessert, ein pochierte Birne mit Nougatparfait war ebenfalls sehr ok, mehr
aber auch nicht.
Und sonst: Das Wasser stand mit 10 Euro für einen Liter auf
der Karte. Ich war vor längerer Zeit mal mittags in der Brasserie und bin mir
sicher, damals deutlich mehr bezahlt zu haben. Eine vernünftige Entscheidung,
den Preis auf ein akzeptables Niveau zu bringen.
Fazit: Insgesamt
ein stimmiges Brasserie-Konzept, aber bei Hauptgerichtspreisen um die 30 Euro
kann man auch in ein gutes Restaurant gehen. Das liegt dann aber nicht
unmittelbar am Potsdamer Platz.