Montag, 26. November 2012

Brasserie Desbrosses: Die Gallier im US-Reich



Die Brasserie Desbrosses ist das Restaurant des Ritz Carlton Hotels am Potsdamer Platz. Und Ritz Carlton kommt aus Amerika – das merkt man frühestens, wenn man auf den farbigen Doorman trifft, und spätestens, wenn man die Lobby betritt, denn hier ist alles pompös-überladen. Die Prinzessin findet das gar nicht so schlecht, denn seit sie mal mit Papas Kreditkarte eine Reise in das Land der (damit tatsächlich) unbegrenzten Möglichkeiten gemacht hat, ist sie Fan. Papas Kreditkarte kann man übrigens auch im Curtain Club gebrauchen, der Bar des Hotels. Dort habe ich für einen Gin Tonic (Bombay Saphire) mal 18 Euro bezahlt. Doch nicht das ganze Ritz Carlton ist eine Bastion des guten US-Geschmacks. Wenn man den Curtain Club rechts liegen lässt, kommt man in die Brasserie Desbrosses. Die ist sehr klassisch französisch, denn das Interieur wurde in einer echten Brasserie ab- und dann in Berlin wieder aufgebaut. Das ist zwar auch ein bisschen Disney, aber gut gelungen. Dafür gibt es ein Optik-Sternchen.

Wir haben mal wieder das Morgenpostmenü zum Anlass genommen, um die Küche zu testen und uns Verstärkung durch einen befreundeten Rechtsanwalt aus Franken geholt. Dem fiel gleich auf, dass die Weinkarte frankenweinfrei ist.  Später fiel ihm auf, dass er beim Einschenken der Weine immer am wenigsten bekam. Könnte ein Touristenmalus sein, denn die Herkunft ist nicht überhörbar. Davon abgesehen war der Service aber freundlich und bemüht, wenn auch nicht 100 % perfekt. Eine Brasserie ist eben kein Restaurant. Wörtlich genommen handelt es sich um eine Brauerei.  Brauhausatmosphäre kam aber nur zweimal auf, als eine größere Geburtstagsgesellschaft zweimal lautstark ein Ständchen für den Jubilar gesungen hat.

Ich ertappe mich, dass ich viel schreibe, aber wenig zum Essen. Das liegt auch am Essen selbst. Das hat wirklich gut geschmeckt, aber war kein kulinarischer Höhenflug, der sich bis in alle Ewigkeit in die Synapsen einbrennt. Zu Beginn gab es eine Jakobsmuschel mit Kürbis, Steinpilzen und wilden Kräutern, wozu ein Schaumwein aus Rheinhessen gereicht wurde. Geschmacklich sehr gelungen mit gut gebratenen Muscheln. Allerdings wurde dieser Gang exakt 30 Sekunden nach dem Aperitif serviert – und musste deshalb noch einmal in die Küche zurück. Es folgte ein Schwarzwurzel Cappucino, wohinter sich eine Cremesuppe verbirgt, die mit einem Schaumdach versehen war. Das war eine ordentliche Portion und geschmeckt hat es auch. Den begleitenden Weißwein aus der Pfalz genau wie der  vom selben Weingut stammende Rote zum Hauptgericht konnte man trinken. Er steht mit 42 Euro in der Weinkarte. Am Potsdamer Platz im Ritz Carlton kostet Wein halt so viel. Im dritten Gang steigerte sich die Küche, Ostsee Dorsch mit Kapern-Senf-Kruste und Schmorgurken. Mittlerweile waren wir auch schon wieder reichlich hungrig, denn es vergingen 45 Minuten, bis der Fisch den Weg aus der Küche an unseren Tisch gefunden hatte. Die Wartezeit wurde aber durch einen Refill des Grünen Silvaners erträglich gemacht. Das Hauptgericht, Scheiben vom Brandenburger Hirschrücken mit Rosenkohl und Semmelknödeln war sehr gut. Die Preiselbeermarmelade, die dekorativ als dicker Block mit auf dem Teller lag, wäre als eigenständiges Dessert durchgegangen. Die Prinzessin war begeistert. Das Dessert, ein pochierte Birne mit Nougatparfait war ebenfalls sehr ok, mehr aber auch nicht.

Und sonst: Das Wasser stand mit 10 Euro für einen Liter auf der Karte. Ich war vor längerer Zeit mal mittags in der Brasserie und bin mir sicher, damals deutlich mehr bezahlt zu haben. Eine vernünftige Entscheidung, den Preis auf ein akzeptables Niveau zu bringen. 

Fazit: Insgesamt ein stimmiges Brasserie-Konzept, aber bei Hauptgerichtspreisen um die 30 Euro kann man auch in ein gutes Restaurant gehen. Das liegt dann aber nicht unmittelbar am Potsdamer Platz. 

Im Internet unter http://www.desbrosses.de/de/

Samstag, 10. November 2012

Schlachtfest im „Deux ou trois choses“



Wir haben ja fast vergessen, dass so ein Schwein nicht nur aus Schnitzel und Filet besteht, sondern unterm Borstenkleid noch einiges andere zu bieten hat. Und bis auf diese äußere Hülle kam in einem Fünf-Gang-Menü auch einiges auf den Tisch des Kreuzberger Restaurants, wo die Prinzessin und ich vor gar nicht langer Zeit waren – und wir gehen nicht zweimal irgendwo hin, wenn es nicht gut ist. Zur Erinnerung und für alle Neuleser: Das „Deux ou trois choses“ hat sich der deftigen Küche der Stadt Lyon verschrieben. Macher ist der Inhaber des „Schlesisch blau“ und beide Restaurants liegen an der Köpenicker Str. 

Diesmal stand jedoch ein Externer am Herd. Wolfgang Müller. Der hat nicht nur Koch, sondern auch Metzger gelernt, hatte sich mal einen Stern erkocht (Bühler Höhe in B-W), war aber auch schon in Berlin tätig, z.B. im Horvath. Also der Mann versteht was vom Kochen und von Schweinen. Und so war auch das Essen. 59 Euro waren dafür fällig, und die passenden Weine – offiziell sechs Gläser – wurden mit 26 Euro berechnet. 

Nach zwei (!) Gläschen guten Elbling Sekt von der Mosel stand am Anfang die Metzelsuppe. Die entsteht, wenn man Innereien auskocht und dann darin die Würste gart. Kombiniert wurde das Ganze mit einem Grieben-Schmalz-Brot. Der größte Hunger war danach verflogen. Es folgte eine Kartoffelpizza mit Blutwurst. Ein Produkt, um das ich normalerweise einen Bogen mache. Diesmal war ich begeistert. Das setzte sich fort beim nächsten Gang, wo niedertemperaturgeschmorter Schweinebauch mit Jakobsmuschel und Sauce Hollandaise kombiniert wurde, und ließ auch nicht nach bei der getrüffelten Leberwurst, die fantastisch schmeckte, wenn auch nicht unbedingt nach Trüffel. Die Weine von Nahe, Kaiserstuhl und Mosel passten gut und hätten auch ohne Essen geschmeckt. 

Der Hauptgang nannte sich „Schlachterplatte 2012“. Auf ihr fand sich der gebackene Knödel aus Ohr, Schwanz und Fuß, den ich interessant fand und der der Prinzessin nicht so recht schmeckte, ein Stück Schweinefilet im Wirsingmantel (Filet – wie langweilig) und ein gepökeltes Bäckchen. Dazu ein Spätburgunder, der gegen die Weißen vorher deutlich abfiel. Die Grundlage war zu gut, als dass wir uns schon in einem Zustand befunden hätten, wo wir nichts mehr geschmeckt hätten.
Das Dessert war nur noch verbal-fleischig: Blutsuppe (Campari-Orange) und Schweineohren (Blätterteig) waren nicht der Rede wert. Die dazu gereichte Chilisauce passte so gut, wie der Leser sich das gerade im Moment der Lektüre vorstellt.
Abgerundet wurde das ganze wie schon beim letzten Mal durch einen sehr netten Service, ein Kaminfeuer, einen gigantischen Kürbis als Blickfang und die lockere Holztischatmosphäre, die man auch an Abenden erlebt, wenn nicht das ganze Schwein dran glauben muss.

Fazit: Ein tolles kulinarisches Erlebnis für experimentierfreudige Fleischfreunde, das viel Spaß und satt gemacht hat.

Im Netz zu finden unter http://de-de.facebook.com/2ou3choses